Wie verlockend ist die Vorstellung, sich einfach ans Klavier sitzen zu können und drauflos spielen zu können. Viele möchten gerne Klavier spielen können, doch oft reicht die Motivation nicht aus, um erst einmal so viel Zeit für das Lernen aufzuwenden. Doch wie lange braucht man eigentlich, um Klavier spielen „zu können“?
Deine Ziele
Zuerst solltest du dir vor Augen stellen, welches Ziel du erreichen möchtest. Die wenigsten planen zu Beginn, Konzertpianist zu werden, sondern möchten gerne ihre Lieblingsstücke am Klavier spielen können. Aber träumst du davon, Chopin’s „Fantaisie Impromptu“ zu meistern oder reicht es dir, einfach „ein bisschen spielen“ zu können und ein paar simple Stücke im Repertoire zu haben?
Je höher das Ziel, desto mehr Zeit wird natürlich in Anspruch genommen und desto mehr Motivation ist nötig. Wichtig ist jedoch, dass du dir immer wieder in Etappen kleine Ziele vornimmst und nicht ein zu anspruchsvolles und unrealistisches Ziel setzt, denn sonst ist Motivation schnell dahin und du gibst leicht auf. Sicherlich ist man ungeduldig und würde am liebsten sofort mit dem Stück der Träume beginnen, doch es ist wichtig, die Grundlagen zu verinnerlichen und sich langsam aber sicher hochzutasten. Auch wenn es anfangs nicht so wirkt, im Endeffekt machst du so deutlich schneller Fortschritte!
Dein Alter
Wie schnell man Fortschritte im Lernen eines Instruments macht, hängt oft auch mit dem Alter zusammen. Natürlich kann man in jedem Alter Klavier spielen lernen. Grundsätzlich wird es immer empfohlen, im Kindesalter mit dem Lernen eines Instruments zu beginnen, da man in jungen Jahren schneller neue Fähigkeiten lernt. Erwachsene üben jedoch oft konsequenter als Kinder, da sie geduldiger und ausdauernder sind. (Weitere Vorteile, die du als Erwachsener hast, findest du hier). Sicherlich ist es unwahrscheinlich, noch Konzertpianist zu werden, wenn man mit 50 Jahren das Klavierspielen beginnt, aber das soll niemanden daran hindern, ein neues Hobby zu lernen und Spaß am Spielen zu haben, denn das geht in jedem Alter!
Das Üben
Wie lange es dauert, „Klavier spielen zu können“, wie auch immer du selbst es definierst, hängt natürlich davon ab, wie viel Zeit du investierst. Ob du 10 Minuten am Tag oder eine Stunde übst, macht einen Riesenunterschied. Was sicher ist: am effektivsten ist regelmäßiges Üben. Das heißt, in einem gleichmäßigen Abstand wiederholen.
Es bringt nichts, sich am Wochenende Zeit zu nehmen und ein paar Stunden zu üben, wenn du das Üben unter der Woche schleifen lässt. Von einer Viertelstunde täglich profitierst du definitiv mehr. Empfohlen wird jedoch, 20 – 40 Minuten am Tag zu üben. Wenn du nicht soviel Zeit hast, ist auch mal weniger in Ordnung, solange du regelmäßig übst. Doch je mehr du investierst, desto schneller erreichst du deine Ziele!
Hier erfährst du mehr darüber, wie lange du üben solltest >>
Hier verrate ich dir 5 Tipps zum richtigen Üben>>
Der Klavierlehrer
Wie lange es dauert, Klavier zu lernen, hängt auch sehr stark von deinem Klavierlehrer ab. Ein guter Klavierlehrer ist (neben dem Üben natürlich) die halbe Miete. Er kann genau auf deine Fehler eingehen und dir individuelles Feedback geben. Mit professionellem Klavierunterricht – sei es nur 30 Minuten pro Woche – wirst du deinen Fortschritt enorm beschleunigen.
Lese hier nach, wie du den passenden Klavierlehrer findest>>
Der Online-Klavierkurs
Wenn „echter“ Klavierunterricht zu viel Zeit in Anspruch nimmt oder aus anderen Gründen nicht infrage kommt, empfiehlt sich auch ein Online-Klavierkurs. Dabei ist es wichtig, einen Kurs auszuwählen, der zu deinen Zielen passt. Je nachdem, ob du gerne frei spielen und improvisieren lernen möchtest oder dich auf klassische Stücke und Notenlesen konzentrieren willst, solltest du den Onlinekurs daran anpassen.
Die besten Online-Klavierkurse im Vergleich habe ich dir als in einem Beitrag und einem ausführlichen PDF zusammengefasst.
So lange brauchst du für einzelne Fähigkeiten
Du siehst also, die Frage, wie lange es dauert, Klavier zu lernen, lässt sich kaum beantworten. Trotzdem kann ich dir einen kleinen Ausblick geben, ab wann du in welchen Bereichen mit Fortschritten rechnen kannst.
Noten lesen
Wenn du klassische Stücke spielen willst und nicht nur nach Gehör und Intuition, ist Noten lesen eine wichtige Fähigkeit. Deswegen solltest du dich am Anfang ganz darauf konzentrieren. Das System zu lernen geht zwar schnell, aber verinnerlichen kannst du es nur durch regelmäßiges Üben. Du beginnst im Normalfall mit dem Violinschlüssel und lernst bald darauf den Bassschlüssel dazu. Bis du problemlos alle Noten den Tasten zuordnen kannst, können einige Wochen bis Monate vergehen. Dann heißt es nur noch, schneller zu werden, sodass du nicht mehr lange überlegen musst.
Hier liest du, wie du Noten lernst >>
Vom Blatt Spielen
„Vom Blatt spielen“ hingegen erfordert mehrere Jahre Erfahrung. Es bedeutet, dass du ein Stück, das du zum ersten Mal siehst, auf Anhieb von den Noten spielen kannst. Fange so früh wie möglich damit an, in dem du versuchst, ganz einfache Stücke vom Blatt zu spielen. Blattspielen ist eine tolle Fähigkeit, die du am besten immer konsequent übst.
Hier findest du meine besten Blattspiel-Tipps >>
Einfache Stücke
Die ersten leichten Melodien lernst du schon nach ein paar Wochen. In den kommenden Monaten wirst du Basiswissen aufbauen, sodass du erste Akkorde kennenlernst. Nach einem guten Jahr solltest du schon eine gute Auswahl an einfachen Stücken in deinem Repertoire aufweisen können. Dann kannst du allmählich in kleinen Schritten den Schwierigkeitsgrad steigern.
Klassische Stücke
Klassische Stücke gibt es in vielen Schwierigkeitsgraden. Einige wirst du in deinem ersten Jahr schon lernen, andere erfordern einige Jahre mehr Erfahrung. Doch viele kannst du auch in einer leichten Version schon in deinen ersten Jahren lernen. Da klassische Klavierstücke auf reinem Notenlesen basieren, solltest du darin absolut sicher sein. Dann sollten die ersten leichten Stücke bald machbar sein und dich hindert nichts mehr daran, dich im Laufe der Jahre an die großen Meisterwerke heranzuwagen.
Improvisation
Um improvisieren zu können, erfordert es sehr fundierte musiktheoretische Kenntnisse. Reines Notenlesen reicht hier leider nicht aus, man muss Akkorde verstehen und ein Gespür für Harmonien haben. Je nachdem, welches Level du erreichen willst, sei es nur Melodien ein bisschen abwandeln oder dir ganz eigene Stücke ausdenken zu können, kann es bis zu Jahre dauern, um wirklich frei drauflos spielen zu können.
Sich leichte Melodien zu den grundlegenden Akkorden auszudenken, zum Beispiel in Form eines Boogie Woogies, ist jedoch sicherlich schon nach ein paar Wochen intensives Üben machbar. Du kannst dir dieses Wissen entweder selbst anhand von Büchern aneignen, oder du nimmst dir einen professionellen Klavierlehrer zur Seite. Ich kann dir auch Online-Kurse wärmstens empfehlen, die speziell auf freies Spielen ausgerichtet sind.
In meinem Blog findest du dazu einen Artikel über die Bluestonleiter, die Grundlage zur Improvisation, und einen ausführlichen Testbericht über „Piano University“, ein gelungener Kurs zum Thema Klavierspielen nach Intuition.
Ich hoffe, du hast dir einen kleinen Überblick verschaffen können, wie viel Zeit du in etwa einplanen musst, damit du deine Ziele erreichen kannst. Eine genaue Vorhersage ist dabei nicht möglich, aber ein bisschen eingrenzen lässt es sich doch, wenn du weißt, was du erreichen willst und wie viel du dafür investieren kannst.
Was du auf alle Fälle immer im Hinterkopf haben solltest: kleine Ziele setzen, regelmäßig üben und immer dranbleiben, und du wirst merken, wie schnell es vorangeht!