„Übung macht den Meister“, „Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen“ oder „Übung ist der beste Lehrmeister“ – Zitate und Sprüche zum Thema Üben gibt es viele.
Doch wie viel und wie oft musst du Klavier üben, um Fortschritte zu machen?
Übung macht den Meister – aber wie viel Übung ist notwendig?
Wie oft muss ich Zähneputzen? Unbedingt täglich und am besten zweimal zwei Minuten. Da wird dir kein Zahnarzt widersprechen.
Doch wie sieht es am Klavier aus?
Muss ich täglich eine Stunde üben, reichen 15 Minuten oder kann ich einmal in der Woche 3 Stunden üben? Diese Frage bekomme ich immer wieder gestellt und die Antwort ist nicht ganz einfach.
Und wie so oft ist die kurze Antwort: Es kommt darauf an!
Bist du ein Gym-Panse am Klavier?
Du kennst sie bestimmt. Ich nenne sie die Gym-Pansen. Sie halten sich mindestens zwei Stunden im Fitnessstudio auf, sind aber mehr mit ihrem Smartphone, Unterhaltungen und Prüfen der Muskeln im Spiegel beschäftigt als mit dem Trainieren.
Zu Hause gibt’s dann als Belohnung erst einmal ein ordentliches Essen, als Belohnung für den Fleiß.
Andere sind nur 30 Minuten im Fitnessstudio, trainieren aber intensiv und ohne Ablenkung.
Wer mehr Fortschritte erzielt, brauche ich dir nicht zu erklären.
Ähnlich ist es am Klavier.
Du kannst Stunden damit verbringen, deine Stücke in viel zu schnellem Tempo zu „üben“, ein wenig nach Lust und Laune klimpern und versuchen, mit YouTube-Videos mitzuspielen.
Diese Methode wird ähnlich effizient sein wie der „Ich mach’ dich zum Millionär in 16 Wochen-Kurs“ aus deinem E-Mail-Postfach.
Beobachte dich doch einmal selbst beim Üben:
- Hast du Ablenkungen aus deine Zimmer verbannt (Smartphone!!)?
- Übst du wirklich mit Plan und Ziel oder klimperst du nur?
- Übst du ausreichend langsam? Achtest du auf sauberes Spiel und deinen Fingersatz?
Die häufigsten Fehler beim Klavier üben, die du vermeiden solltest, findest du hier.
Löse dich also von deinen Bremsklötzen und versuche, immer effizienter zu üben!
Wenn du effizient übst, wirst du in 15 Minuten mehr erreichen als 90 % der Klavierspieler in 1 Stunde.
Wie oft muss ich Klavier üben?
Jerry Seinfeld ist einer der erfolgreichsten Komiker aller Zeiten. Er verdiente in den 1990er-Jahre regelmäßig dreistellige Millionenbeträge (!!). Als er einmal von einem jugen Comedian gefragt wurde, was sein Erfolgsgeheimnis seines Erfolgs sei, gab er folgenden Rat:
Häng‘ dir einen Kalender an die Wand, wo man jeden einzelnen Tag sehen kann. Jeden Tag, an dem du einen neuen Gag geschrieben hast, mach großes rotes Kreuz.
Deine einzige Aufgabe ist jetzt: Lass‘ die Linie der roten Kreuze nicht brechen!
Das Geheimnis seines Erfolgs war also Konsistenz. Tag um Tag, Woche um Woche, Jahr um Jahr.
Einer der Ratschläge, die ich am häufigsten gebe, ist:
„Übe häufiger statt länger!“
Einer meiner häufigsten Sätze zum Thema Übedauer ist folgender: Jeden Tag 15 Minuten üben ist deutlich effektiver als einmal in der Woche drei Stunden.
Viele kommen unter der Woche nicht zum Üben und versuchen das dann, am Wochenende aufzuholen. Dabei sind es gerade viele Übeeinheiten, die schnelle Fortschritte ermöglichen. Wenn du täglich übst, auch wenn es nur kurz ist, hat dein Gehirn nachts Zeit, das gelernte zu verarbeiten und zu verinnerlichen.
Wenn du ein bisschen Spaß am Klavier haben willst und dir Fortschritte nicht soo wichtig sind, dann übe nach Lust und Laune wenn du Zeit hast. Jeder hat unterschiedliche Prioritäten und das ist auch in Ordnung so.
Meinst du es ernst?
Ich weiß aber, dass viele meiner Leser motiviert sind und für diese ist dieser Rat:
Nimm dir vor, jeden Tag zu üben.
Und nein, nicht diese Art von Vorsatz, die du jedes Jahr an Neujahr machst.
Wie du dich zum Üben motivieren und aufraffen kannst, liest du hier.
Vom Klaviervirtuosen und späteren polnischen Ministerpräsidenten Ignaz Pederewski ist folgender Satz überliefert:
Wenn ich einen Tag nicht übe, merke ich es. Übe ich zwei Tage lange nicht, merken es meine Kritiker. Wenn ich drei Tage aussetze, merkt es das Publikum.
Wenn du es einrichten kannst und wirklich Fortschritte machen willst, übe jeden Tag.
Selbst wenn es einmal nur 5 Minuten sind.
Du putzt ja auch jeden Tag Zähne, oder?
Wenn du alle drei Tage mal übst, ist es, als würdest du mühsam einen Schlitten den Berg hochziehen und regelmäßig wieder 100 Meter hinunterfahren lassen, bevor du ihn wieder bergauf bewegst.
Wie lange sollte ich üben?
Nachdem wir geklärt haben, dass du effizient und regelmäßig übst, können wir uns mit der Dauer beschäftigen. Und hier ist die Antwort ebenfalls: Es kommt drauf an!
Musikexperten empfehlen für gute Fortschritte 20 bis 40 Minuten täglich üben. Selbst Erwachsene, die voll berufstätig sind und Zuhause noch eine Familie haben, bringen 20 Minuten in ihrem Tag unter.
Das erfordert zwar manchmal etwas kreatives Zeitmanagement, aber wenn dir das Üben wichtig ist, wirst du es in deinem Tag unterbringen.
Mehr zum Thema, wie du dir Zeit zum Üben schaffen kannst, findest du hier >>
Die Richtlinie mit 20 bis 40 Minuten pro Tag kannst du auch für deine Kinder, die Klavier lernen, nehmen. Wenn dein Kind außerordentlich begabt, motiviert und ambitioniert ist, dann musst du es nach 40 Minuten nicht vom Stuhl zerren, sondern darfst es auch gerne länger üben lassen.
Wenn du ernsthaftere Ambitionen hast oder vielleicht auch Geld mit dem Klavier spielen verdienst, ist eine Stunde pro Tag angebracht.
Profi- und Berufs-Pianisten üben in der Regel mehrere Stunden pro Tag.
Du kannst deine Übezeit auch aufteilen
Wenn du dir 30 Minuten üben pro Tag vorgenommen hast, kannst du diese Zeit natürlich auch auf mehrere Einheiten aufteilen. Morgens 15 Minuten und abends 15 Minuten zu üben ist nicht nur möglich, sondern sorgt in vielen Fällen auch für schnellere Fortschritte. Durch die Pause bist du dann in der Regel wieder konzentrierter und fokussierter.
Die Zwei-Tage-Regel
Doch irgendwann kommt dieser Tag, wo du krank/unterwegs/gestresst oder einfach nur nicht dazu gekommen bist.
Du bist unterwegs und hast kein Klavier? Dann übe mental oder mach Gehörbildung mit einer App. Ideen für das Üben ohne Klavier findest du hier.
Das ist okay und passiert jedem. Ärgere dich in diesen Fällen nicht zu sehr über dich selbst. Du wirst nicht alle Fortschritte verlieren, wenn du einen Tag nicht übst.
Aber: Mach dir selbst das Versprechen, dass du nie zwei Tage in Folge aussetzt.
Vermeide den Torteneffekt
Was ist die größte Gefahr für jeden, der eine Diät zum Abnehmen macht? Nicht das Brechen der guten Ernährungsgewohnheiten, weil die Torte bei der Familienfeier einfach zu verlockend ist. Auch nicht der Schokoriegel, den es dann am selben Abend vor dem Fernseher gibt.
Sondern das Fallenlassen aller guten Gewohnheiten am nächsten Tag.
„Jetzt ist es sowieso egal!“
Auch am Klavier ist der größte Fehler nach dem Brechen deiner Routine, dein Vorhaben ad acta zu legen und weitere Tagen oder gar Wochen ohne Üben verstreichen lassen.
Vermeide den Torteneffekt und sieh zu, dass du deine Routine so schnell wie möglich wieder aufnimmst und deine gewünschten Fortschritte werden sich dann weiter einstellen.
Fazit: 20 Minuten täglich Zeit bringen dich im Klavierspiel weit
Wenn du es einrichten kannst und schnelle Fortschritte machen willst, peile 20 Minuten pro Tag an.
Du hast mehr Zeit? Nutz deine Motivation und lass dich vom bimmelnden 20-Minuten-Timer nicht vom Klavier versprengen.
Denke daran: Übe lieber täglich 15 Minuten als einmal in der Woche drei Stunden.
Wie lange übst du Klavier? Und wie oft übst du? Ich freue mich auf deinen Kommentar!
Ich habe einen Tennisarm vom Zuviel üben. Was soll ich tun?
Hallo Susann,
in der Regel kommen solche Überlastungserscheinungen nicht vom zu viel Üben, sondern von falschen Bewegungen und/oder mangelndem Ausgleich.
Das solltest du aber unbedingt mit einem Arzt und/oder Physiotherapeuten besprechen!
Viele Grüße
Beat
Guten Tag, ich erfasse meine Übungszeit in einer App. So sehe ich immer, ob ich mein Soll (eine Stunde pro Tag) erfüllt habe, oder eine eher schlechte Woche hatte. Das ist sehr motivierend, weil man dann visuell sieht, was man getan hat. Kann ich empfehlen.
Guter Tipp, vielen Dank!