Der stärkste Magnet der Welt ist… das Sofa!
Kennst du das? Du weißt genau, dass du üben solltest. Das Klavier steht da und schaut dich vorwurfsvoll an. Aber irgendwie findest du immer wieder Ausreden – die Couch ist zu gemütlich, Netflix lockt oder du bist „gerade nicht in Stimmung“. Dabei weißt du genau: Ohne regelmäßiges Üben wirst du nie die Fortschritte machen, die du dir wünschst.
Hier zeige ich dir 5 erprobte Tipps, die dich von der Couch katapultieren wie ein Trampolin. Mit diesen Strategien hat selbst die größte Couch-Potato keine Chance und setzt sich an die Tasten.
„Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne“ – nicht nur Hermann Hesse weiß, dass Vorhaben am Anfang immer magisch sind.
So auch wenn du ein neues Klavier bekommst, ein neues Stück lernst oder sonst etwas Neues am Klavier machst.
Die Motivation ist so groß, dass du am liebsten einen Schlafsack neben dem Klavier ausrollen würdest.
Aber dann…kommt der Alltag um die Ecke geschlichen. Und selbst Hausarbeit erscheint dir aufregender als das Üben. Keine Sorge, das ist völlig normal und geht jedem Klavierschüler so – selbst den großen Meistern. Vermutlich hatte selbst Bach Tage, an denen er lieber Schafe gezählt hätte, als seine Fugen zu üben. Aber zum Glück gibt es ein paar clevere Tricks, wie du deinen inneren Schweinehund überlistest und dich wieder ans Klavier lockst.
1) Die Kopfhörer-Technik
Für Tipp Nummer 1 darfst du sogar auf dem Sofa bleiben.
Aber bald wirst du freiwillig aufstehen wollen…
Nimm dir dein Handy (das du vermutlich sowieso griffbereit hast) und hör dir Klaviermusik an.
Hör dir auf YouTube oder Spotify das Stück an, an dem du gerade arbeitest.
Hör genau hin, wie schön es klingt, wenn das Stück perfektioniert ist.
So könntest auch du am Klavier klingen…
Und genau jetzt passiert etwas Magisches: Dein Gehirn beginnt zu träumen, deine Finger zucken leicht im Takt und plötzlich merkst du, wie das Sofa seine magnetische Kraft verliert. Bevor du dich versiehst, sitzt du schon am Klavier – als hätte dich die Musik wie der Rattenfänger von Hameln vom Sofa weggelockt.
Bei mir zumindest wirkt die Kopfhörer-Technik wahre Wunder. Sie ist sogar so stark, dass ich beim Arbeiten keine Klaviermusik mehr höre.
Denn der Schreibtischstuhl wird sonst schneller verlassen als ein sinkendes Schiff.
2) Die Nike-Technik
Der Gefängnisinsasse Gary Gilmore wartete auf seine Hinrichtung. Während seine Mitinsassen im Angesicht des Todes zu flehen und schreien anfingen, sagte er nur „You know, let’s do it!“
Dieser Satz inspirierte den Marketing-Experten Dan Wieder dazu, einen neuen Slogan für einen seiner Kunden zu verwenden. Dieser Satz wurde zu einer der bekanntesten Sätze im Marketing überhaupt und verhalf der Firma zu einem kometenhaften Aufstieg. Der Name dieser Firma? Nike! Und der Slogan?
„Just do it!“
Beim Klavierüben geht es natürlich weder um Leben und Tod noch um sportliche Höchstleistungen. Es sei denn, du spielst wie Glenn Gould, dessen Klavierspiel immer auch ein körperliches Work-out war.
Aber: Nicht lange nachzudenken und einfach zu handeln – diese Technik hilft dir auch dabei, deinen inneren Schweinehund zu überrumpeln.
Bevor er protestieren kann und dir Ausreden auf dem Silbertablett serviert, sitzt du schon an den Testen und legst los.
Überlege nicht lange, ob du in Stimmung bist und was du vielleicht vorher noch erledigen kannst, sondern fang einfach an zu spielen.
3) Die Stoppuhr-Technik
Bei der Aussicht auf 30 – 45 Minuten am Klavier fängst du an zu schwitzen und überlegst fieberhaft, was du stattdessen viel sinvolleres tun kannst?
Hier kommt die Stoppuhr-Technik ins Spiel, die dein Gehirn samt dem kleinen Schweinhund der darin wohnt, einfach überlistet.
Schnapp dir eine Stoppuhr (bzw. dein Handy) und nimm dir vor, nur 5 Minuten zu üben. Danach hast du die Erlaubnis, aufzuhören.
Doch wenn du erstmal sitzt, passiert etwas Erstaunliches:
Die 5 Minuten vergehen. Aber anstatt aufzuhören, denkst du dir „Es läuft grad so gut. Diese Stelle will ich jetzt noch meistern.“ Aus den 5 Minuten werden dann 10, 15 und mehr. Dein Schweinhund liegt schnarchend in der Ecke und ehe du dich versiehst, hast du eine produktive Übungssesssion hinter dir.
Das Geheimnis hier ist: Die größte Hürde ist meistens nicht das Üben selbst, sondern das aufraffen und Hinsetzen. Sobald du einmal im „Flow“ bist, will dein Gehirn von selbst weitermachen. Es ist wie bei einem Stein, der einen Berg hochgerollt werden muss – die meiste Kraft brauchst du beim Losgehen. Wenn er erstmal rollt, läuft es wie von selbst
Wie lange du üben solltest, kannst du hier nachlesen >
4) Die Einstein-Technik
„Vorstellungskraft ist viel wichtiger als Wissen“ – dieser Satz stammt von einem der klügsten Köpfe aller Zeiten: Albert Einstein.
Auch wenn du nicht am Schreibtisch Theorien für das Universum aufstellst, kannst du dir ein Scheibchen vom Supergenie abschneiden.
Die Einstein-Technik hilft dir, deinen Allerwertesten hochzubekommen und ihn auf deinem Klavierhocker zu platzieren.
So geht’s: Schließe die Augen und stelle dir in allen Details vor, wie du am Klavier sitzt. Spüre die Tasten unter deinen Fingern, höre die Musik in deinem Kopf, fühle die Freude beim Spielen. Male dir aus, wie deine Finger mühelos über die Tasten gleiten, wie jeder Ton genau sitzt, wie dein Publikum (und sei es nur deine Zimmerpflanze) begeistert lauscht. Beziehe alle Sinne mit ein und gestalte das Bild vor deinem inneren Auge so lebendig, dass Avatar nur ein platter Schwarz-Weiß-Film dagegen ist.
Das klingt dir zu esoterisch? Das sagen viele, bevor sie die Einstein-Technik das erste Mal probiert haben und begeistert erfahren haben, wie sie der Motivation einen Jetpack verliehen hat.
Häufig genügt schon eine Minute Visualisierung und du brennst darauf, zur Tat zu schreiten.
Die Einstein-Technik kannst du übrigens auch wunderbar mit der Kopfhörer-Technik kombinieren.
Doch Vorsicht: Schau, dass der Weg zu deinem Klavier frei von Hindernissen ist, sonst könntest du bei deinem Sport dorthin darüber stolpern 🙂
5) Die Smartie-Technik
Meine Mutter hatte eine simple, aber effektive Methode, um uns Kinder zu ungeliebten Dingen (wie dem Klavierspielen) zu motivieren.
Wenn wir die Aufgabe erledigt hatten, gab es ein Smartie. In unserem Haus waren die bunten Süßigkeiten die Standard-Belohnung. Es ging soweit, dass dieses Bonbon bei uns den Namen „Belohnung“ trug.
Auch wenn du jetzt vielleicht denkst: Ich bin doch kein Kind mehr! – unser Gehirn funktioniert aber auch im Erwachsenenalter erstaunlich ähnlich.
Belohnungen – oder „positive Verstärkung“ wie es Psychologen nennen – sind enorm wirkungsvoll.
Natürlich musst du dir jetzt keine Smarties kaufen oder dich zu einer Naschkatze entwickeln, die Winnie Puuh neidisch macht.
Aber du kannst dir nach dem Üben etwas gönnen, das dir Freude macht: Deine Lieblingsserie schauen, ein entspannendes Bad nehmen oder den Roman, den du nicht mehr aus der Hand legen kannst, weiterlesen.
Hauptsache, die Belohnung folgt direkt nach dem Üben.
ABER: Achtung, hier lauert eine Falle! Benutze diese Technik nur in „Notfällen“, wenn deine Motivation wirklich im Keller ist. Sonst gewöhnt sich dein Gehirn zu sehr an die Belohnungen und du kannst bald ohne Bestechung nicht mehr üben.
Das wäre, als würdest du einem Hund beibringen, nur noch gegen Leckerlis zu gehorchen – keine gute Langzeitstrategie!
Die beste Langzeitmotivation kommt von innen. Der Stolz, wenn du merkst, dass du besser geworden bist, die Freude am Klang deines Instruments, das Glücksgefühl, wenn eine schwierige Passage endlich sitzt – das sind die wahren „Smarties“ des Klavierspielens.
Du hast jetzt ein ganzes Arsenal an Techniken, um deinen inneren Schweinehund zu überrumpeln, deine Motivation in die Stratosphäre zu katapultieren und dich zum Üben aufzuraffen.
Wer weiß: Vielleicht wird dein Sofa bald eifersüchtig, weil du mehr Zeit am Klavier verbringst als auf den gemütlichen Polstern.
Denk auch dran: Selbst die größten Pianisten haben Tage, an denen sie keine Lust zum Üben haben. Ein Unterschied zwischen einem Profi und einem faulen Amateur ist die Anzahl der Momente, an denen er sich doch zum Üben aufgerafft hat.
Welche diese Techniken funktioniert bei dir am besten? Schreibe es mir in die Kommentare (aber erst, nachdem du geübt hast).
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Also grundsätzlich finde ich ja, dass das Üben von alleine kommt und es dazu keiner Belohnung bedarf.. Alleine das Klavierspielen an sich ist ja schon Belohnung genug. Aber ich kann den Sinn dahinter natürlich auch verstehen.
Ansonsten finde ich den 2. Tipp „Einfach Anfangen“ am besten. Denn dann sollte spätestens der Musiker motiviert genug sein. 🙂
Im Übrigen eine schöne Seite mit einigen guten Informationen, die ich mir merken werde.
Liebe Grüße
Natürlich und meistens ist es ja so! Aber Durchhänger gibts ja leider nur zu oft.
Dankeschön ?
Franziska Du redest von Klavierspielen, Beat von Klavier üben. Üben und Spielen sind zwei verschiedene Paar Stiefel. Spielen macht Freude, Üben nicht unbedingt. Und es gibt Leute, die müssen üben, um spielen zu können. Ungefähr wie Sporttraining. In der Woche wird trainiert, am Samstag ist Spiel.
Ich bin der Meinung, dass das Üben von ganz alleine kommt, wenn man richtig Spaß an der Sache hat. Wer sich beim Üben ständig aufraffen muss, der sollte sich da lieber etwas anderes Suchen 🙂
Liebe Grüße
Hi,
Das sind schöne Tipps, danke dafür.
Was ich mir noch wünschen würde, wäre ein direktes Feedback, ob das Stück jetzt ordentlich gespielt wurde oder nicht .
Es gibt da ja online Kurse (ich hatte mal Playground Sessions ausprobiert – super!) aber wir haben eine kleine Lerngruppe, da lernen wir dann andere Stücke als online und dann ist das quasi auch nur extra gelernt..schadet zwar nicht aber ich möchte gerne zuerst die Stücke für unsere Lerngruppe können.
Na ja, einfach hinsetzen und machen.
Mein Lieblingstipp ist übrigens Nr. 3 – und wenn man dann dabei ist, übe ich trotzdem einfach weiter,.
Also dann, bis bald mal wieder
Thorsten
Ich danke Ihnen für den interessanten Artikel. Man sollte sich immer wieder dazu motivieren. Es ist so schön ein Instrument zu beherrschen. Dafür sollte man wirklich regelmäßig üben.
Mit besten Grüßen
Manuel
Auf jeden Fall 🙂
Super hilfreiche Tipps, danke dafür! Die Stoppuhr-Technik hat bei mir am besten funktioniert – 5 Minuten werden oft zu 30, ohne dass ich es merke. Werde aber auch die Einstein-Technik ausprobieren, klingt spannend. 🙂