Klavierunterricht online – diese Möglichkeiten hast du


„Hallo, kannst du mich hören? Funktioniert meine Kamera? Aaah, jetzt höre ich dich!“

So fing mein allererstes Online-Experiment am Klavier an.

Was viele von unzähligen Online-Besprechungen spätestens seit dem Jahr 2020 kennen, ist auch fest auf dem „Bullshit-Bingo“-Zettel im Online-Klavierunterricht vertreten.

Wie Klavierunterricht online gelingt, welche Möglichkeiten du hast, wo Grenzen liegen und wie du das beste aus der Online-Welt herausholst, erfährst du in diesem Beitrag.

Inhalte

Ich schreibe schon seit jeher viel über digitale Möglichkeiten von Klavierspielern. Den ersten Riesenboom habe ich im Jahr 2020 erlebt. Als wir uns alle in unseren Wohnzimmern versammelt haben, um digitale Kaffeerunden oder Remote-Spieleabende zu gestalten, stieg auch die Nachfrage nach Online-Klavierlernen drastisch an.

Online-Kurse, Online-Unterricht und Apps zum Klavierlernen schossen wie Pilze aus dem Boden.

Weil viele Musikschulen wegen der Pandemie schließen mussten, wurden viele digitale Klavierangebote aus der Not geboren.

Schon seit einiger Zeit trauen wir uns  wieder ohne Maske und schlechtes Gewissen zum Klavierunterricht, aber Online-Klavierunterricht ist geblieben.

Warum? Weil es perfekt in unsere moderne Lebensweise passt.

Stell dir vor: Es ist 22 Uhr, die Kinder sind endlich im Bett, der Arbeitstag längst vorbei, und anstatt erschöpft auf der Couch zu landen, setzt du dich an dein Klavier und absolvierst eine Lektion deines Kurses.

Eine meiner Leserinnen beschrieb es einmal treffend: „Mit 45 dachte ich, der Zug sei abgefahren. Wer hat in meinem Alter schon Zeit für wöchentliche Klavierstunden? Dann entdeckte ich Online-Kurse und konnte plötzlich um 5:30 Uhr morgens „Stunden nehmen“, bevor mein Tag überhaupt begann.“

Heute, drei Jahre später, spielt sie bei Familienfeiern und hat sogar eine kleine Gruppe Gleichgesinnter gefunden, die sich regelmäßig online austauscht.

Besonders für Erwachsene ab 30 oder 40, die mitten im Berufsleben stehen, vielleicht Familie haben und deren Terminkalender ohnehin schon aus allen Nähten platzt, bietet das Online-Klavierlernen eine Flexibilität, die mit traditionellem Unterricht kaum zu erreichen ist.

Es ist wie der Unterschied, ob du die nächste Folge deiner Lieblingsserie bei Netflix ansiehst wann du möchtest oder ob du warten musst, bis sie im TV ausgestrahlt wird.

Aber Moment – bedeutet „online lernen“ einfach nur, dir YouTube-Videos anzuschauen und zu hoffen, dass du automatisch besser wirst, wenn du die 10. Folge von deinem Lieblings-Klavierinfluencer siehst?

Keineswegs!

Die Landschaft des digitalen Klavierunterrichts ist heute so vielfältig wie das Notenregal meines Urgroßsvaters.

Von strukturierten Video-Kursen mit detaillierten Lektionen über interaktive Apps, die dein Spiel in Echtzeit analysieren, bis hin zu Live-Unterricht per Videocall mit professionellen Klavierlehrern – die Möglichkeiten sind so zahlreich wie die Frisuren von Jorge Gonzalez.

Pro und Contra vom Online-Klavierunterricht

Online-Kurse sind die Avocados unter den Bildungsangeboten. Vor ein paar Jahren noch exotisch, heute in aller Munde und auf fast jeder Speisekarte zu finden. 

Von YouTube-Tutorials zum Häkeln bis hin zu Harvard-Kursen in Quantenphysik – das Internet ist ein einziges großes Klassenzimmer geworden. Und mittendrin: zahlreiche Möglichkeiten, die Kunst des Klavierspielens zu erlernen.

Bevor ich auf die Vor- und Nachteile von Klavierunterricht online eingehe, möchte ich eines vorweg deutlich betonen:

Der absolut beste Weg, Klavier zu lernen, ist Privatunterricht bei einem guten Klavierpädagogen.

Punkt.

Kein Online-Kurs der Welt kann das vollständig ersetzen. Und auch Remote-Unterricht per Videocall kommt nicht ganz an regelmäßigen Präsenzunterricht heran.

Wenn du es ernst meinst und annähernd Richtung Konzertniveau am Klavier gehen möchtest, führt kein Weg am Klavierunterricht vorbei (Tipps für die Auswahl eines Lehrers findest du hier >). 

Aber: Für viele Hobbypianisten können Online-Kurse eine fantastische Alternative oder Ergänzung sein. Du kannst durchaus ein respektables Niveau erreichen und dir deine Lieblingsstücke anhand von Videos beibringen.

Dafür gibt es unter meinen Lesern viele tolle Beispiele – auch wenn viele Helden in Klavierforen mir das immer nicht glauben wollen.

Der cleverste Weg: Du kombinierst die Vorteile von beiden Lernarten. Du nimmst dir gelegentlich ein paar Privatstunden nehmen und dir eignest dir ergänzend mit Videokursen weitere Fähigkeiten an oder vertiefst deine neuen Kenntnisse mit Übungen.

Vorteile vom Online-Klavierunterricht

  • Zeitliche und örtliche Flexibilität
  • Je nach Variante sehr selbstständiges Lernen möglich
  • Riesige Auswahl an Lehrern und Angeboten
  • Geringere Kosten, selbst bei 1:1-Onlineunterricht
  • Bessere Vereinbarkeit mit Beruf und Familie

Nachteile des online Klavier Lernens

  • Keine oder eingeschränkte Technikkorrektur
  • Ggf. spezielle Hardware notwendig
  • Hohe Selbstdisziplin erforderlich, insbesondere bei Selbstlernkursen
  • Höheres Ablenkungspotenzial zu Hause

Dieses Equipment brauchst du

Ich gehe mal davon aus, dass du schon ein Klavier oder ein Digitalpiano besitzt (wenn nicht, schau dir hier die wichtigsten Kauftipps an). Damit dem Online-Klavierunterricht nichts mehr im Wege steht, benötigst du aber noch Equipment, um die digitalen Inhalte an dein Klavier zu bringen.

Bildschirm und Internet sind Pflicht

Online-Klavierunterricht: Dafür benötigst du natürlich eine Internetverbindung. Wenn du diese nicht hast, wie zum Henker kannst du diesen Artikel lesen 😄? Aber Spaß beiseite: Nichts ist frustrierender als ein Video das langsamer lädt als ein Porsche Elektroauto an einer Haushaltssteckdose.

Insbesondere für 1:1-Unterricht über Videocall sollte dein Internet mindestens 20-50 Mbit/s im Download und 2 Mbit/s im Upload haben. Schau unbedingt auch, dass dein WLAN-Empfang am Klavier ausreichend gut ist und bessere notfalls mit einem Repeater nach.

Um dir die Lehrvideos anzusehen und ggf. mit dem Lehrer zu kommunizieren, ist theoretisch ein Smartphone ausreichend. Noten lesen oder die richtige Handhaltung zu erkennen, kann aber auf einem 6-Zoll-Bildschirm schnell frustrierend werden.

Ich empfehle dir deswegen als Online-Unterrichtsbildschirm ein Tablet. Alternativ kannst du dein Notebook ans Klavier stellen.

So rüstest du dich für digitalen 1:1-Unterricht

Für digitalen 1:1-Unterricht musst du zwei Dinge sicherstellen: dass du deinen Lehrer hören und sehen kannst und dass das Gegenteil auch der Fall ist.

Um die Erklärungen deines Lehrers gut zu sehen, würde ich dir mindestens ein 11-Zoll-Tablet oder ein Notebook mit mindestens 13 Zoll empfehlen.

Die Tablet-Lösung: Einfach, aber mit Einschränkungen

Wenn du es clever anstellst und dein Tablet mit einem Stativ oder Halter richtig positionierst, kann es sowohl zum Sehen deines Lehrers als auch zum Filmen deines eigenen Spiels dienen. Die ideale Position: Etwa 50-70 cm hinter deinem Klavier, leicht erhöht (auf Höhe deiner Schultern), mit der Kamera auf deine Hände gerichtet. So sieht dein Lehrer deine Handhaltung und du kannst gleichzeitig auf den Bildschirm schauen (während du nicht spielst)

Aber – und das ist ein großes Aber: Die Frontkamera der meisten Tablets ist qualitativ deutlich schlechter als die Rückkamera. Das Bild, das dein Lehrer von dir sieht, könnte also pixelig und unscharf sein. Bei schlechten Lichtverhältnissen wird es richtig übel – dann sieht dein Lehrer nur noch einen verschwommenen Schatten, der irgendwas mit den Händen macht.

Die bessere Lösung: Zwei Geräte oder externe Kamera

Variante 1: Laptop + Smartphone

Viel besser funktioniert es, wenn du zwei Geräte kombinierst:

  • Dein Laptop vor dir zeigt deinen Lehrer
  • Dein Smartphone auf einem Stativ seitlich oder hinter dem Klavier filmt deine Hände mit der hochwertigen Rückkamera

Die meisten Videokonferenz-Programme (Zoom, Skype, etc.) erlauben es, ein zweites Gerät als zusätzliche Kamera hinzuzufügen. Dein Smartphone wird dabei zur Webcam – entweder über Apps wie DroidCam, EpocCam oder iVCam (meist 5-10€ für die Vollversion) oder direkt über die Zoom-App auf beiden Geräten mit demselben Meeting-Link.

Bei Apple-Geräten kannst du automatisch ein iPhone als Webcam für Videocalls am MacBook verwenden, ohne weitere Apps und Kabel zu benötigen.

Die optimale Positionierung für die Handkamera:

  • Seitlich vom Klavier: Etwa 45 Grad schräg von der Seite, auf Höhe der Tastatur. So sieht dein Lehrer sowohl deine Finger als auch deine Handgelenke und Armhaltung.
  • Von oben/hinten: Wenn du einen höheren Ständer hast, kannst du die Kamera auch leicht erhöht hinter dir oder über dir positionieren – das gibt eine gute Gesamtansicht auf beide Hände.
  • Wichtig: Achte darauf, dass das Licht von vorne oder von der Seite kommt, nicht von hinten.

Variante 2: Externe Webcam

Eine externe USB-Webcam (ab 30 Euro für solide Qualität, 60-100 Euro für sehr gute) gibt dir mehr Flexibilität bei der Positionierung. Du kannst sie auf einem kleinen Stativ neben oder hinter dem Klavier platzieren und genau ausrichten. Viele externe Webcams haben auch bessere Mikrofone als die eingebauten Laptop-Mikros.

Der Vorteil: Du brauchst nur ein Gerät (deinen Laptop) und hast trotzdem eine flexible Kameraposition. Der Nachteil: Du brauchst eventuell ein längeres USB-Kabel, um die Kamera weit genug vom Laptop entfernt zu positionieren.

Variante 3: Zwei Kameras gleichzeitig

Für Perfektionisten: Nutze sowohl die Laptop-Webcam (für dein Gesicht und die Kommunikation) als auch eine zweite Kamera (Smartphone oder externe Webcam) für die Hände. In Zoom kannst du zwischen den Kameras wechseln oder sogar beide gleichzeitig zeigen (Split-Screen). So kann dein Lehrer sehen, wie du reagierst, wenn er etwas erklärt, und gleichzeitig deine Handhaltung im Blick behalten.

Das Mikrofon: Der unterschätzte Held bei Online-Klavierunterricht

Während alle über Kameras reden, wird das Mikrofon oft vergessen. Dabei ist es mindestens genauso wichtig – dein Lehrer muss ja hören, ob du die richtigen Noten spielst!

Die Laptop-Mikrofon-Falle:

Eingebaute Laptop-Mikrofone sind für Videokonferenzen optimiert, nicht für Musik. Sie haben oft eine automatische Rauschunterdrückung, die leise Töne einfach wegfiltert. Das Ergebnis: Dein zartes Pianissimo? Unhörbar. Deine dynamischen Abstufungen? Klingen alle gleich laut. Und wenn du die Pedale benutzt, hört dein Lehrer hauptsächlich das mechanische Klacken.

Du kannst hier entweder ein USB-Mikrofon verwenden oder (meine Lieblingslösung) drahtlose Lavalliermikros.

Ich verwende das DJI Mic Mini mit zwei Sendern und bin sehr zufrieden.

Klavierunterricht online - diese Möglichkeiten hast du

Eines davon kommt in die Nähe der Klavierseiten bzw. des Lautsprechers, das zweite befestige ich an meinem Oberteil. So hört der Gesprächspartner sowohl das Klavier als auch meine Stimme.

Wenn du dir eine Lösung für deine digitalen Unterrichtsstunden konstruiert hast, kannst du diese auch nutzen, um dein Klavierspiel aufzunehmen. 

Für interaktive Apps: MIDI-Verbindung

Viele Apps wie flowkey können über das Mikrofon deines Geräts hören, was du spielst. Das funktioniert, ist aber nicht perfekt – Nebengeräusche, Raumakustik und die Qualität des Mikrofons beeinflussen die Erkennung.

Die bessere Lösung: Eine MIDI-Verbindung zwischen deinem Digitalpiano und deinem Tablet oder Computer. Dafür brauchst du:

  • Ein Digitalpiano mit MIDI- oder USB-Ausgang (die meisten modernen haben das)
  • Ein passendes Kabel. In der Regel ist das ein USB-B zu USB-C-Kabel. Achte darauf, dass es am besten 3 Meter oder länger ist.

    Klavierunterricht online - diese Möglichkeiten hast du
  • Eventuell einen Adapter für dein Tablet oder Smartphone, wenn es keinen USB-C-Anschluss besitzt.

 

Klavierunterricht online: Diese Formen gibt es

Die Welt des Online Klavierunterrichts ist bunter als ein Bild von Picasso. Von kostenlosen YouTube-Videos bis hin zu hochpreisigen Masterclasses mit Konzertpianisten – die Bandbreite ist enorm.

Und du hast es sicher geahnt: Es gibt keine eierlegende Wollmilchsau.

Klavierunterricht online - diese Möglichkeiten hast du
Die eierlegende Online-Klavier-Wollmilchsau existiert nicht. (Bildquelle: KI)

Damit du das richtige „Nutztier“ für dich findest (sorry an alle Vegetarier und Veganer für diesen Vergleich), stelle ich dir hier die verschiedenen Formen vor.

1:1-Videounterricht per Zoom und Co.

Normaler Klavierunterricht, dein Lehrer und du, nur sitzt ihr beide nicht an einem Klavier. Nicht einmal in einem Raum, denn der Remote-Klavierunterricht läuft per Videocall ab. Der große Vorteil: Du bekommst individuelles Feedback in Echtzeit, kannst Fragen stellen und erhältst auch maßgeschneiderte Übungen.

Während du bei der Suche nach einem Klavierlehrer vor Ort eine begrenzte Auswahl hast, kannst du Online-Unterricht von jedem Lehrer auf der ganzen Welt nehmen. Solange er das passende Equipment hat und diese Form des Unterrichts auch anbietet.

Du kannst entweder direkt Klavierlehrer anschreiben und anfragen oder bei Verzeichnissen wie Superprof  oder der Internationale Klavierschule nachsehen.

Ideal für: Alle , die persönliche Betreuung schätzen, aber zeitlich oder örtlich flexibel bleiben wollen.

Preisrahmen: 30 – 80 € pro Stunde, je nach Qualifikation des Lehrers und Laufzeit

Online-Video-Kurse

Online-Video-Klavierkurse boomen. Nicht ohne Grund, denn sie haben sowohl für die Lehrer als auch für die Schüler enorme Vorteile: Die Lehrer können ihr Wissen konservieren und müssen nicht jede Woche 17 mal erklären, wie die C-Dur-Tonleiter aufgebaut ist.

Die Schüler können die Lektionen im eigenen Tempo durcharbeiten, Lektionen beliebig wiederholen oder überspringen. Die schwierige Stelle in Lektion 12? Kein Problem, spul zurück und schau sie dir zum zehnten Mal an – ohne dass jemand die Augen verdreht.

Video lektion durcharbeiten

Absolut betrachtet klingen die Preise für Videokurse zwar häufig nach nicht wenig (in der Regel kosten sie einen dreistelligen Eurobetrag) – aber im Vergleich zu 1:1-Unterricht sparst du dir dennoch einiges.

Hast du einen Kurs durch, kannst du dich gezielt nach einem Videokurs zu einem weiteren Thema umsehen. So erweiterst du gezielt deine Fähigkeiten an den Tasten.

Der Nachteil bei Online-Kursen: Du musst deinen inneren Schweinehund besiegen und dich zum Üben selbst aufraffen. So schön selbst und flexibel lernen klingt: Du bist ganz alleine verantwortlich. Kein Lehrer sitzt dir im Nacken, endlich wieder mehr zu üben.

Ein weiterer Nachteil bei Online-Kursen ist das fehlende direkte Feedback. Ob du einen optimalen Fingersatz verwendest, die Hände richtig hältst oder das Stück sauber genug spielst musst du selbst kontrollieren.

Tipp: Gerade aus diesem Grund empfehle ich dir unbedingt, dich regelmäßig auf Video aufzunehmen. Schon alleine, wenn du das Video selbst ansiehst, werden dir sofort einige Dinge auffallen.

Was? So verkrampft halte ich meine Schultern? So unsauber klingt der F-Dur-Lauf in Takt 38? Die Phrase auf Seite 3 spiele ich ja viel zu laut!

Noch viel effektiver werden deine Video-Tagebücher wenn du sie jemand anderem zeigst. Am besten jemand, der sich mit dem Spielen auskennt.

Manche Online-Kurse wie der Pianoclub oder die Piano-Akademie mit Roman Sillipp bieten dir die Möglichkeit an, deine Videos einzusenden und Feedback vom Lehrer zu erhalten oder einen 1:1-Unterricht hinzuzubuchen.

Hier findest du meinen Beitrag zu den besten Klavier-Onlinekursen.

Ideal für: Strukturierte Lerner, die einen klaren roten Faden schätzen und selbstständig arbeiten können.

Preisrahmen: 10-30€ monatlich oder einmalig 100-500€ für komplette Kurse

Interaktive Klavierlern-Apps

Apps wie flowkey, Music2me oder Playground-Sessions gehen einen Schritt weiter. Sie nutzen die Mikrofone deines Smartphones oder Tablets (oder eine MIDI-Verbindung zu deinem Digitalpiano), um zu „hören“, was du spielst. Die App gibt dir dann direktes Feedback, ob du richtig spielst.

Nuvole Bianche mit flowkey lernen

Diese Apps haben das Klavierlernen in ein Videospiel gepackt. Es macht Spaß, sie zu benutzen (Playground-Sessions vergibt z.B. verschiedene Level und Auszeichnungen) und du lernst im Vorbeigehen noch Klavier.

Die Hürden zum Start sind bei den Apps sehr niedrig: Du benötigst ein Klavier, lädst dir dann die Testversion herunter und fängst sofort an. Wenn dir der Ansatz gefällt, buchst du ein Premium-Abo.

Ein weiterer Vorteil: Die Apps bieten meist eine riesige Song-Bibliothek. Von Klassik über Pop bis zu Filmmusik – du kannst direkt die Stücke lernen, die dich wirklich interessieren. Keine langweiligen Fingerübungen mit „Hänschen klein“, sondern gleich „Someone Like You“ von Adele oder das „Game of Thrones“-Theme.

Allerdings haben auch Apps ihre Grenzen. Die Tonerkennungstechnologie ist zwar beeindruckend, aber nicht perfekt. Manchmal erkennt die App nicht, ob du mit der richtigen Technik spielst – Hauptsache, die richtige Taste wurde gedrückt. Und subtile musikalische Nuancen wie Dynamik oder Phrasierung bleiben oft auf der Strecke.

Ideal für: Technikaffine Anfänger und alle, die spielerisch lernen möchten.

Preisrahmen: Oft kostenloser Start, Premium-Versionen 10-20€ monatlich.

YouTube und kostenlose Tutorials

Die Sparfüchse unter euch werden gleich hierher gescrollt haben. Schränke montieren, Rasen richtig düngen, Autoreifen wechseln – wenn es für alles kostenlose Tutorials auf YouTube gibt, wieso nicht auch zum Klavier – diesen Gedanken haben viele.

Und sie haben nicht Unrecht: Viele Pianisten und Lehrer teilen ihr Wissen in kostenlosen Videos auf YouTube.

Franz Titscher YouTube
Klavierlehrer wie Franz Titscher teilen wertvolle Infos auf YouTube

Auch ich erweitere regelmäßig mein Klavier-Wissen auf YouTube.

Aber: Die YouTube-Klavier-Akademie hat einige Fallstricke.

Die Qualität schwankt oft enorm. Zwischen einem professionellen Klavierpädagogen und jemandem, der selbst erst seit einem Jahr spielt, liegen Welten. Auf den ersten Blick ist das oft nicht zu erkennen, insbesondere für Anfänger.

Außerdem birgt YouTube eine enorme Ablenkungsgefahr. Du suchst nach einem Tutorial für „Für Elise“ – und plötzlich blinken rechts neben dem Video Vorschläge auf: „10 Fehler, die JEDER Anfänger macht“, „Dieses eine Geheimnis der Profis“, „Katze spielt Klavier besser als du“. Bevor du es merkst, hast du drei Videos über Klaviertechnik, zwei über Musiktheorie und ein virales Katzenvideo geschaut – aber nicht eine Minute geübt.

Beachte: YouTube ist darauf optimiert, dich auf der Plattform zu halten. Nicht, dir beim Klavierlernen zu helfen.

Auf YouTube findest du massenhaft Videos mit herabfallenden, blinkenden Steinen oder Balken, die dir zeigen sollen, welche Tasten du drücken musst – ganz ohne Noten. Von dieser Methode rate ich dir dringend ab. Du lernst dabei nicht wirklich Klavierspielen, sondern trainierst nur deine Reaktionsfähigkeit wie bei einem Computerspiel. Echtes Musikverständnis, Notenlesen oder musikalische Zusammenhänge? Fehlanzeige.

Ideal für: Sparfüchse, nichts ausgeben wollen, oder sich einen ersten Überblick verschaffen möchten.

Preisrahmen: Kostenlos (abgesehen von Werbeeinblendungen).

Wie du den richtigen Online-Klavierunterricht für dich findest

Okay, Beat, verstanden – aber wie finde ich in der Fülle der Angebote das richtige für mich?

Auch per E-Mail werde ich immer wieder gefragt, welches Angebot rund um Online Klavierlernen ich denn empfehlen könne.

Hierfür habe ich

Frage 1: Was willst du erreichen?

Du gehst in ein Restaurant. Du fragst den Kellner, was denn das beste Gericht sei. Wenn er nicht gerade ein Schelm ist und dir die teuerste Speise auf der Karte empfiehlt, wird er dich zunächst nach deinen Vorlieben fragen und wie groß dein Hunger ist.

Das ist elementar, damit du am Ende als Vegetarier mit einem kleinen Hunger nicht mit einer Schweinshaxe unzufrieden am Tisch sitzt. Genau das Gleiche gilt auch für dich als Interessent für Online-Kavierangebote.

Bevor du auch nur einen Cent ausgibst, dich wild durch das Internet klickst und hektisch Angebote vergleichst, solltest du dir diese grundlegende Frage beantworten. Und nein, „Klavier spielen lernen“ zählt nicht. Beantworte dir möglichst klar und ehrlich, wie deine Ziele und Motivation genau aussehen.

Willst du:

  • endlich „River Flows in You“ spielen können, um deine Freunde zu beeindrucken?
  • solide Grundlagen aufbauen und irgendwann auch komplexere klassische Stücke meistern?
  • einfach nur ein bisschen herumklimpern und Entspannung finden?
  • Noten lesen lernen oder lieber nach Gehör spielen?
  • Jazz-Improvisation beherrschen oder klassische Technik perfektionieren?
  • Pop-Songs frei und nach Gehör spielen können?

Wenn du dir das klar machst, dann hast du schon den größten Schritt hin zu dem für dich perfekten Online-Klavier-Angebot gemacht.

Frage 2: Wie lernst du am liebsten (und am besten)?

Jeder hat andere Lernvorlieben und andere Stärken. Während die einen es lieben, sich selbst durch große Kursbereiche zu klicken und sich Videos anzusehen, sind die anderen völlig verloren ohne klare Anweisungen und einen festen Termin im Kalender.

Die Frage nach deinem Lerntyp ist eng verknüpft mit deiner Selbstdisziplin. Wie viele Fitness-Apps hast du schon heruntergeladen, die nach zwei Wochen in Vergessenheit gerieten? Wie viele Online-Kurse hast du angefangen und nie beendet?

Wenn du ehrlich zu dir selbst bist, wirst du vermutlich wissen, welche Methode bei dir am besten funktioniert (und was vielleicht nur spaßige Zeitverschwendung ist).

Frage 3: Was ist dein Budget?

Klavierlernen muss nicht teuer sein, kann es aber. Die Preisspanne reicht von null Euro (YouTube) bis zu mehreren tausend Euro pro Jahr für regelmäßigen Privatunterricht.

Hier lohnt sich ein ehrlicher Blick in den Geldbeutel – aber auch auf deine Prioritäten. Wer 60 € pro Monat für Streamingdienste ausgibt, aber keine 20 € monatlich für Online-Klavierunterricht berappen will, sollte ernsthaft seine Motivation hinterfragen.

Klavierlernen Budget

Die Frage ist nicht nur, was du ausgeben kannst, sondern was dir das Klavierspielen wert ist. Ein günstiger Kurs, den du nicht nutzt, ist am Ende teurer als ein teurerer, der dich wirklich motiviert und voranbringt.

Eine Ausgabe von 399 € kann wie eine zusätzliche Motivation wirken. Sich selbst eingestehen zu müssen, diese Summe unnütz ausgegeben zu haben, tut weh. Dann doch lieber weiter üben…

Und vergiss nicht: Auch kostenlose YouTube-Tutorials kosten dich etwas – nämlich Zeit. Zeit, in der du dir mühsam zusammensuchen musst, was dir ein strukturierter Kurs auf dem Silbertablett serviert hätte.

Wenn du dir diese Fragen beantwortet hast, holst du dir am besten meine ausführliche Übersicht über die besten Online-Klavierkurse. Mit diesem PDF kannst du perfekt deine Wünsche und Ziele mit den verfügbaren Angeboten abgleichen.

Deine digitale Probestunde

Ein nicht zu unterschätzender Faktor beim Erfolg im Online-Klavierunterricht ist der Lehrer. Kommst du gut mit der Art des Online-Klavierlehrers zurecht? Findest du ihn sympathisch? Das sind ideale Voraussetzungen, um langfristig am Ball zu bleiben.

Für viele Klavierkurse gibt es kostenlose Probelektionen. Alternativ findest du häufig von den Lehrern YouTube-Videos, die dir einen guten Einblick geben. Bei 1:1-Unterricht solltest du auf jeden Fall eine Probestunde vereinbaren, bevor du einen Vertrag mit langer Laufzeit unterzeichnest.

So wird Klavierlernen online ein voller Erfolg

Du hast dir das passende Equipment besorgt, deine Lieblingslösung gefunden und gekauft und bist voller Motivation. Jetzt kann ja nichts mehr schiefgehen, oder?

Leider wartet oft schon zwei Wochen später die Realitätsschelle. Der Alltag macht sich immer mehr breit. Schnell ist jeder Grund recht, ob das Lernen und Üben auf „morgen“ zu verschieben. Dann auf übermorgen.

Bis du dich versiehst, hat dein Klavier Staub angesetzt und der letzte Login in den Kursbereich liegt Wochen zurück.

Damit dir das nicht passiert, hier meine 5 besten Tipps, um WIRKLICH dranzubleiben.

1. Schaffe dir feste Übungszeiten

„Ich übe, wenn ich Zeit habe“ ist der Todesstoß für jedes Lernvorhaben. Zeit hat man nie – man nimmt sie sich. Trage dir deine Klavierzeit in den Kalender ein wie einen Zahnarzttermin. Nur dass dieser Termin deutlich angenehmer ist.

Stoppuhr-Technik

Dabei muss es nicht jeden Tag eine Stunde sein. Lieber täglich 15 Minuten als einmal pro Woche zwei Stunden. Dein Gehirn lernt durch Wiederholung, nicht durch Marathon-Sessions.

2. Setze dir realistische Ziele

„In drei Monaten will ich die Mondscheinsonate spielen können“ – wenn du blutiger Anfänger bist, ist das ungefähr so realistisch wie „Nächste Woche laufe ich einen Marathon“, wenn du bisher nur vom Sofa zum Kühlschrank gejoggt bist.

Besser: „In drei Monaten möchte ich einfache Melodien mit beiden Händen spielen können“ oder „Ich will das Intro von ‚Let It Be‘ beherrschen“. Kleine, erreichbare Ziele halten die Motivation hoch. Große, unerreichbare Ziele führen zu Frust und Aufgeben.

3. Dokumentiere deine Fortschritte

Nimm dich regelmäßig beim Spielen auf – einmal im Monat reicht. Wenn du nach vier Wochen frustriert bist, weil du das Gefühl hast, nicht voranzukommen, schau dir deine erste Aufnahme an. Du wirst überrascht sein, wie viel besser du geworden bist.

4. Feiere kleine Erfolge

Hast du heute zum ersten Mal eine C-Dur-Tonleiter sauber gespielt? Feier das! Kannst du endlich die ersten acht Takte eines Stücks auswendig? Gönn dir was Schönes!

Klavierlernen ist ein Marathon, kein Sprint. Wenn du nur auf das große Ziel schaust („Irgendwann will ich Chopin spielen“), übersieht du all die kleinen Wunder auf dem Weg dorthin. Jede gemeisterte Tonleiter, jeder neue Akkord, jede flüssig gespielte Passage ist ein Erfolg.

5. Hab Geduld mit dir selbst

Erwachsene sind oft viel zu hart zu sich selbst. „Kinder lernen das doch auch in ein paar Monaten!“ – Ja, aber Kinder üben auch nicht nach einem 8-Stunden-Arbeitstag, wenn das Gehirn schon müde ist. Kinder haben keine Angst vor Fehlern. Und Kinder vergleichen sich nicht ständig mit YouTube-Pianisten, die seit 20 Jahren spielen.

Du lernst in deinem Tempo. Und das ist genau richtig so.

Der wichtigste Tipp zum Schluss

Erinnere dich daran, warum du angefangen hast. Nicht um Konzertpianist zu werden. Nicht um andere zu beeindrucken. Sondern weil du Freude an der Musik hast. Weil es dich entspannt. Weil du schon immer davon geträumt hast.

Wenn du bis hier unten gelesen hast, fehlt es dir definitiv nicht an Anfangsmotivation. Hol dir meinen ausführlichen Klavierkurs-Vergleich und leg los 🙂


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