Um das Klavierspielen gut und richtig zu erlernen, führt natürlich kein Weg an einen ausgebildeten Klavierlehrer vorbei. Aber der beste Lehrer und das größte Talent nützt nichts, wenn man zu Hause zu wenig oder falsch übt. Ich möchte dir hier ein paar Tipps geben, wie du möglichst effizient übst und schnelle Fortschritte erzielst. Viele der angesprochenen Fehler habe ich selbst einmal gemacht und habe aus ihnen gelernt. Ich hoffe, du machst die Fehler nicht oder stellst zumindest eher als ich auf gute Übemethoden um.
1) Die richtige Umgebung beim Üben
Ähnlich wie beim Arbeiten im Büro benötigt man auch beim Klavierüben das richtige Umfeld. Das Klavier sollte gut gestimmt sein, das hilft bei der Entwicklung eines musikalischen Gehörs enorm. Natürlich macht es viel mehr Spaß, wenn die Töne, die man produziert, auch schön klingen. Jeder kennt vermutlich den dumpfen Klang eines völlig vernachlässigten Klaviers und weiß, wie schrecklich sich das anhört. Wenn du daran interessiert bist, alle Leute in Reichweite schnellstmöglich zu vertreiben, dann kannst du das Klavier natürlich verstimmt lassen.
Genauso wichtig ist eine gute Sitzhaltung vor dem Klavier. Der Klavierhocker sollte so hoch sein, dass die parallel zum Boden herabhängenden Unterarme gerade die Tasten berühren (schwer zu beschreiben, aber ihr wisst was ich meine oder?). Der Abstand des Stuhls ist dann richtig, wenn du dich nicht zu den Tasten ausstrecken musst, aber du auch nicht „über“ den Tasten sitzt. Die Sitzhaltung sollte gerade und natürlich sein (Ja, eure Mutter hatte immer Recht). Auch die richtige Handhaltung gilt es zu beachten: die Finger sollen locker und rund, nicht gestreckt sein. Der Daumen schlägt die Tasten seitlich an.
Entferne sämtliche Ablenkungsquellen aus dem Zimmer. Das Smartphone legst du am besten in ein anderes Zimmer, die Türklingel klemmst du ab und Fenster und Türen verriegelst du schalldicht. Vielleicht etwas übertrieben, aber Ablenkungen sind Gift für effizientes Üben. Ich habe früher oft den Fehler gemacht und im Wohnzimmer gespielt, wenn meine Eltern und Geschwister im Zimmer waren. Wenn man einen Tunnelblick hat, mag das nichts ausmachen, aber besonders als Kind ist man doch recht leicht abzulenken.
2) Die richtige Übedauer
Die richtige Übedauer, durch dutzende Studien ermittelt und bestätigt, gibt es nicht. Allerdings ist es wichtig, täglich zu üben. 15 Minuten jeden Tag sind besser als jeden zweiten Tag eine Stunde. Als Anfänger (besonders im Kindesalter) sind 15 bis 30 Minuten pro Tag eine gute Richtlinie. Fortgeschrittene spielen häufig etwa eine Stunde, Profis sitzen mehrere Stunden am Tag vor dem Instrument. Aber du solltest vermeiden, strikt nach der Uhr zu üben. Als Kind bekam ich von meinen Eltern die Vorgabe „20 Minuten ab jetzt“ und die Zeit habe ich natürlich um keine Sekunde überschritten.
Vor dem Üben überlegst du dir am besten, welche Stellen du verbessern oder meistern willst und erst nachdem der gewünschte Fortschritt zumindest einigermaßen erreicht ist, kannst du ans Aufhören denken.
Für Kinder ist eine bestimmte Zeitrichtlinie dennoch sinnvoll, denn selbstständiges Üben entwickelt sich erst recht spät (bei mir war es zumindest so). Allerdings sollten die Eltern darauf schauen, dass das Kind Fortschritte macht, auch wenn dafür fünf Minuten mehr nötig sind.
Erfahre hier mehr über die richtige Übedauer>>
3) Richtiges Einüben von Stücken
Ich habe jahrelang Stücke von vorne bis hinten durchgespielt, schwierige Stellen vielleicht ein- bis zweimal wiederholt. Ergebnis davon ist, dass hauptsächlich die Stellen, die sowieso schon gut laufen, gespielt werden – einer der häufigsten Fehler beim Üben. Das macht zwar Spaß, aber bringt für das Lernen eines Stückes herzlich wenig. Wichtig ist es, sich die schwierigen Stellen zuerst anzusehen und mit diesen zu beginnen (auch wenn die anderen Stellen soo schön und soo einfach sind).
Da ich ein recht gutes Gehör habe, hat es mir immer sehr geholfen, wenn mir mein Klavierlehrer das Stück vorgespielt hat. Später habe ich mir immer erst eine Aufnahme zum Stück angehört, um eine Vorstellung vom Klang des Stückes zu bekommen. Eine weitere Sache möchte ich dir ans Herz legen: Lernt die Stücke von Anfang an auswendig! Wenn du nicht am Notentext klebst, kannst du viel mehr gestalten und es ist schön, wenn du auf einer Party etwas zum Besten geben kannst, ohne dass du erst nach Noten schreien musst.
4) Der richtige Umgang mit Fehlern
Natürlich passieren beim Klavierüben auch Fehler. Mit diesen Fehlern solltest du aber richtig umgehen. Die betreffenden Noten einfach neu und richtig anzuschlagen, hilft in den seltensten Fällen etwas. Sinnvoller ist es, dir zu überlegen, warum der Fehler passiert ist.
Gehe einen oder zwei Takte zurück und konzentriere dich besonders auf „die Fehlerstelle“ von gerade. Falls der Fehler nur ein kurzer Konzentrationsfehler war, kannst du auch einfach weiterspielen. Dabei solltest du aber sehr vorsichtig sein, denn allzu leicht schleift sich ein Fehler ein und ist dann nur sehr schwer wieder rauszubekommen.
Ich bin mir sicher, dass du deutlich effizienter übst, wenn du nur diese vier Tipps beachtest. Für weitere Informationen zum Klavierüben empfehle ich dir das sehr ausführliche, aber lesenswerte Buch von Chuan Chang, das es kostenlos online unter http://foppde.uteedgar-lins.de/ zu lesen gibt.