Als Kind war ich von ihm fasziniert: Regelmäßig kam ein großer, schwarz angezogener Mann in unser Haus, werkelte ein bisschen im Wohnzimmer herum und verschwand wieder.
Nein, die Rede ist nicht vom Kaminkehrer, sondern vom Klavierstimmer. Als Kind habe ich nicht verstanden, warum man denn das Klavier immer wieder nachstimmen muss. Doch mittlerweile bin ich mehr denn je davon überzeugt: Wer sein Klavier liebt und es ernst meint mit dem Spielen, sollte das Stimmen keineswegs vernachlässigen.

Kennst du das? Du setzt dich an ein Klavier, spielst voller Freude die ersten Töne und die Aufregung wechselt schnell in Enttäuschung.
„Das klingt ja entsetzlich!“
Ich kann mittlerweile nicht mehr zählen wie oft ich mich an scheußlich verstimmte Klaviere gesetzt habe. Aber das Erlebnis war jedes Mal zum Vergessen.
Damit dein eigenes Klavier keine schaurige Katzenmusik produziert (wenn du die richtigen Töne spielst), ist ein regelmäßiges Stimmen unerlässlich.
Doch warum muss ein Klavier überhaupt gestimmt werden? Wie oft solltest du dein Klavier stimmen? Was kostet das Klavierstimmen? All diese Fragen beantworte ich dir in den folgenden Zeilen.
Warum du dein Klavier unbedingt „tuned“ halten solltest
Stell dir vor, du beißt in einen saftigen Apfel, der aussieht wie ein Apfel, sich anfühlt wie ein Apfel, aber nach Zwiebel schmeckt. Genauso enttäuschend ist es, auf einem verstimmten Klavier zu spielen.
Sehr viele sind entweder zu bequem oder zu geizig, um sich regelmäßig einen Klavierstimmer nach Hause zu bestellen. Wenn du diesen Blog liest, dann bist du einer derjenigen, die es ernst mit dem Klavierspielen meinen, oder?
Wenn du noch etwas Überzeugungsarbeit für das regelmäßige Klavierstimmen brauchst, dann bitte:
- Du kannst endlich vernünftig hören, ob du die richtigen Töne spielst
- Nichts motiviert mehr zum Üben als ein schön klingendes, gestimmtes Instrument
- Auf einem gestimmten Klavier trainierst du dein Gehör und lernst immer besser, Harmonien zu zu hören
- Regelmäßige Stimmen erhält nicht nur den Klang, sondern auch den Wert deines Instruments.
Dein Auto bringst du doch auch regelmäßig zum Kundendienst, wechselst das Öl und sorgst dafür, dass es wie geschmiert läuft, oder? Na, also bitte. Dein Klavier hat dieselbe Behandlung verdient.
Darum verstimmt sich dein Klavier
Dein Klavier verstimmt sich nicht, weil es dich ärgern möchte. Allen möglichen Gerüchten zum Trotz kann ich dir auch sagen, dass der Klavierhersteller das Verstimmen nicht absichtlich eingebaut hat, um das Klavierstimmerhandwerk zu fördern. Es gibt in Wahrheit physikalische Gründe und vier Hauptfaktoren für das Verstimmen deines Klaviers:
Der Holzfaktor
Dein Klavier besteht größtenteils aus Holz, und Holz ist ein lebendiges Material. Es dehnt sich aus und zieht sich zusammen – wie ein Schwamm, der Feuchtigkeit aufnimmt und wieder abgibt. Der Resonanzboden, über den die Saiten gespannt sind, verändert dadurch seine Form und mit ihm die Spannung der Saiten. Das sorgt dafür, dass sich die Frequenzen und damit die Töne leicht verändern.
Nur leider nicht gleichmäßig, sondern ungleichmäßig.
Der Temperatur-Faktor
Temperaturschwankungen verändern nicht nur das Holz, sondern auch die Saiten und die Stimmwirbel. Bei Wärme dehnen sie sich aus und bei Kälte ziehen sie sich zusammen – simple Physik. Du kannst das zwar durch Temperaturkontrolle etwas abmildern, aber:
Selbst wenn du dein Klavier in einem perfekt gleichmäßig temperiertem Raum stehen hast, ist es irgendwann soweit und die Seiten verstimmen sich.
Der Alterungsfaktor
Wie wir Menschen werden auch Klaviere mit dem Alter etwas eigensinniger. Die Mechanik nutzt sich ab, die Stimmwirbel geben nach, und die Saiten verlieren ihre ursprüngliche Spannung. Ein 50 Jahre altes Klavier braucht mehr Pflege als ein junges Instrument. Gegebenenfalls ist auch mal eine „große Wartung“ notwendig und Bauteile müssen komplett getauscht werden.
Der Nutzungsfaktor
Je mehr du spielst, desto mehr beanspruchst du die Saiten und die Mechanik. Das ist wie bei einem Gummiband – je öfter du es dehnst, desto schneller verliert es seine Spannkraft.
Ein Klavier verstimmt sich also nicht aus Bosheit, sondern weil es auf seine Umgebung reagiert.
Klavier stimmen – Wie oft muss es sein?
Die Fragen aller Fragen: Wie oft muss ich mein Klavier jetzt denn nun stimmen lassen? Was ist das absolute Minimum, damit ich meine Ohren und die meiner Umgebung nicht zu sehr strapaziere?
Den meisten ambitionierten Pianisten empfehle ich das Klavier zweimal im Jahr stimmen zu lassen. Am besten zum Saisonwechsel – also im Herbst und im Frühjahr. Wenn du einen Termin zum Reifenwechsel bei deinem Auto ausmachst, kannst du also gleich einen zum Klavierstimmen vereinbaren.
Einmal im Jahr sollte das absolute Minimum sein. Die Wahrheit ist: Wenn du dein Klavier seltener stimmen lässt, sparst du zwar zunächst Geld. Auf lange Sicht aber wird es teurer. Ein lange vernachlässigtes Klavier verliert seine Grundstimmung und braucht dann mehrere Stimmungen hintereinander, um wieder richtig zu klingen. Das ist, als würdest du jahrelang nicht zum Zahnarzt gehen – irgendwann wird aus der einfachen Kontrolle eine aufwändige Behandlung.
Wichtig: Je größer die Temperaturschwankungen im Raum sind, desto schneller verstimmt sich das Klavier und desto häufiger solltest du es stimmen lassen.
Übrigens: Wenn du ein neues Klavier hast, solltest du es im ersten Jahr sogar drei- bis viermal stimmen lassen. Die Saiten müssen sich erst „setzen“, wie ein neues Paar Schuhe, das eingelaufen werden muss. Danach kannst du zum normalen Rhythmus übergehen. Dein Klavier wird es dir mit einem stabilen, schönen Klang danken.
Am besten vereinbarst du beim Kauf deines Instruments gleich die ersten Stimmungen mit dazu. Je nach Verhandlungsgeschick und Kaufpreis kannst du diese manchmal sogar kostenlos bekommen.
Was kostet das Klavierstimmen?
Jetzt wird’s konkret: Was musst du für das Stimmen deines Klaviers auf den Tisch legen? Hier ist eine Übersicht der üblichen Kosten:
Grundkosten
Für eine Standard-Stimmung eines regelmäßig gewarteten Klaviers kannst du mit 80 bis 150 Euro rechnen. Das ist der Basispreis für ein Klavier, das nicht allzu weit verstimmt ist. Teilweise wird auch eine Pauschale für die Anfahrt berechnet.
Aufschläge für besondere Fälle
- Stark verstimmtes Klavier: Wenn dein Klavier seit Jahren nicht gestimmt wurde, kann der Preis auf 120 bis 180 Euro steigen.
- Vorstimmung nötig: Bei sehr verstimmten Instrumenten ist oft eine Vorstimmung erforderlich, was zusätzliche 40 bis 60 Euro kosten kann.
- Marke und Modell: Bei hochwertigen oder komplexen Instrumenten wie Flügeln oder bestimmten Marken kann ein Aufschlag von 10 bis 20 % anfallen.
Vergleiche gerne die Preise bei den Fachleuten in deiner Region. Achte aber unbedingt darauf, dass du nur qualifizierte Stimmer an dein Instrument lässt.
Achtung: Vermeide es, dein Klavier selbst zu stimmen. Auch wenn die Verlockung groß ist, dir ein Stimmgerät und einen Stimmschlüssel zu kaufen und loszulegen – einen ausgewogenen, runden Klang bekommst du ohne viel Erfahrung nicht so einfach hin.
So bleibt dein Klavier länger gut gestimmt
Wenn du ein paar simple Dinge beachtest, klingt dein Klavier länger schön.
Der Faktor Nummer 1 ist eine konstante Umgebung. Stelle dein Klavier an einen Ort mit möglichst gleichbleibender Temperatur und Luftfeuchtigkeit. Schlechte Standorte sind direkt neben einem großen Fenster, unmittelbar an einer Außenwand oder neben einem Heizkörper.
Wenn du ein teures Instrument wie einen Flügel hast, empfehle ich dir unbedingt, es mit einem Klimakontrollsystem auszustatten. Diese Systeme kosten etwa 500 – 800 Euro. Marktführer ist das Dampp Chaser System, das dir die meisten Klavierhäuser bestellen und einbauen können.
Betreffs Klavier stimmen ist noch zu erwähnen, dass lange ungestimmte Klaviere langsam an Klangqualität verlieren. Von den Kosten her, ist es besser das Klavier spätestens alle drei Jahre stimmen zu lassen, denn wenn man länger wartet, entstehen oft die doppelten oder dreifachen Kosten. MfG
Guter Artikel!
Ich verwende ein Korg CA40 Stimmgerät fürs Klavier und bin damit eigentich sehr zufrieden.
Gute Leute können sich oft sogar nur aufs Gehör verlassen!
Lieben Gruß
Agnes
Würd ich mich nicht traun, nur nach dem Stimmgerät zu gehen, das klingt dann meiner Erfahrung nach nicht so toll. Aber wenn es bei dir klappt 🙂
Generell ist es schwierig sich an solch ein Aufgabe zu wagen. Ich persönlich lasse mir noch ein paar praktische Tipps von meinem persönlichen Klavierstimmer dazu geben, da ich noch gemischte Gefühle habe, ob ich es jetzt versuchen soll oder nicht.
Trotzdem vielen Dank für diesen Artikel, Hier sind auch sehr viel nützliche Tipps genannt!
Gruß
Bernd
Mein Klavier scheint sich in den letzten Wochen ganz schön verstimmt zu haben und ich muss es definitiv neu stimmen lassen. Mir war gar nicht bewusst, dass die Temperatur und die Luftfeuchtigkeit so einen großen Einfluss auf das Klavier haben. Das erklärt natürlich einiges, denn die aktuelle Heizperiode hat da sicher ihren Einfluss. Das ist wirklich sehr interessant, vielen Dank für die Infos.
Ich war erst auf dem Flughafen in Malta und da steht auch ein Flügel. Da es so gut klang, kam ich darauf, dass es ja auch regelmäßig von einem Fachmann gestimmt werden muss. Daher ist es interessant zu wissen, dass Flügel stimmen ca. 100 Euro kostet.
Ich möchte mein Klavier stimmen. Gut zu wissen, dass man dies einmal im Jahr machen sollte. So passt die Klavierstimmung wieder.