Fünf Schritte für mehr Gefühl und Ausdruck beim Klavierspielen


Hat dich auch schon einmal jemand mit seinem Klavierspiel total gefesselt? Du hast jemanden spielen gehört und seine gefühlvolle Ausdrucksweise bewundert? In diesem Beitrag möchte ich fünf Schritte zeigen, mit denen auch du gefühlvoll und ausdrucksstark spielen und deine Zuhörer in deinen Bann ziehen kannst.

baxel / pixelio.de
baxel / pixelio.de

 

Das gewisse Etwas beim Klavierspiel

Vielleicht kennst du die Situation auch: Jemand trägt ein Klavierstück vor, die Noten werden fehlerfrei gespielt, aber das gewisse Etwas fehlt und der Funke springt einfach nicht über. Du weißt aber nicht genau, warum dich das Spiel nicht berührt.

Andere Situation: Du hörst jemanden Klavier spielen und wirst sofort in seinen Bann gezogen. Objektiv scheint es keinen Unterschied zu geben, denn auch dieser Pianist spielt nur die Töne, die auf den Noten stehen.

Der Unterschied zwischen einem absolut überzeugenden und einem völlig farblosen Vortrag liegt in einem ausdrucksvollen und gefühlvollen Spiel. Mit den folgenden fünf Schritten kannst auch du deinem Stück Leben einhauchen und deine Zuhörer mit gefühlvoller Klaviermusik berühren.

Schritt 1: Die richtige Haltung

Für ein gefühlvolles Spiel musst du auch richtig am Klavier sitzen. Mit einer verkrampften Haltung wird ein ausdrucksstarkes Spielen unmöglich. Die Ellenbogen sollten locker sein und sich nicht direkt am Körper befinden. Denke daran, deine Hände immer leicht gerundet zu halten. Dadurch kannst du den Anschlag besser kontrollieren und deutlich nuancierter und präziser spielen. Mehr über die richtige Körperhaltung kannst du in meinem Beiträgen „Richtiges Sitzen am Klavier“ und „Die richtige Handhaltung am Klavier“ nachlesen.

Dieter Schütz / pixelio.de
Dieter Schütz / pixelio.de

Schritt 2: Das Stück lernen

Bevor du ein Stück ausdrucksstark und lebendig wiedergeben kannst, musst du es natürlich erst einmal beherrschen. Setz dich mit dem Stück auseinander, widme schwierigen Stellen besondere Aufmerskamkeit und versuche es, technisch zu meistern. Während des Einübens kannst du dir bereits Gedanken über die Struktur und die Stimmung im Stück machen. Am besten lernst du es auch gleich auswendig, auch wenn es zunächst einmal mehr Arbeit ist. Wenn du ein Stück auswendig beherrscht, kannst du dich viel mehr auf den Ausdruck konzentrieren, als wenn du ständig am Notentext klebst. Erst wenn du das Stück nahezu fehlerfrei spielen kannst und dich nicht mehr auf die Noten konzentrieren musst, bist du bereit für den nächsten Schritt.

Schritt 3: Das Stück verstehen

Wenn du das Stück nun beherrschst, versuch dir nun Gedanken über die Aussage des Stücks zu machen. Welche Stimmungen ruft es bei dir hervor? Ist es mitreißend, ruhig, leidenschaftlich, zart oder lieblich? Um in die Stimmung des Stücks eintauchen zu können, kannst du dir auch eine Aufnahme davon bei Spotify oder YouTube anhören. Schließ die Augen und konzentrier dich nur auf die Musik. Vielleicht nimmst du dir auch Zettel und Stift zur Hand und schreibst deine spontanten Gefühle und Emotionen auf. Dabei kannst du auch in Bildern denken. Was siehst du vor deinem inneren Auge beim Hören des Stücks? Denkst du an einen Sturm, einen Sommernachmittag im Park oder einen sprudelnden Gebirgsbach? Diese Bilder und Stimmungen versuchst du nun beim Spielen tief in dir zu fühlen und zu vermitteln.

Sieh dir auch den Aufbau des Stücks an.

Welche Passagen sind der Höhepunkt des Stückes? Gibt es Zwischenteile mit einem völlig anderen Charakter? Wechselt das Stück in eine andere Tonart und entfaltet dadurch eine andere Wirkung?

 

Schritt 4: Mit Dynamik Leben ins Stück bringen

Ein wichtiger Schritt zu einem ausdrucksstarken und gefühlvollen Spiel ist die dynamische Gestaltung. Die Dynamik beschreibt in der Musik die Lautstärke. Mit einem guten Klavier oder Flügel steht dir eine enorme Lautstärken-Bandbreite zur Verfügung – vom superleisen pianissimo bis hin zum aggressiven fortissimo. Versuche, diese Bandbreite zu nutzen und deinen Vortrag abwechslungsreich zu gestalten. Natürlich richtest du dich dabei zunächst nach den Lautstärkeangaben bei den Noten. Doch darüber hinaus solltest du dir auch eigene Gedanken zur dynamischen Gestaltung machen.

Wo befindet sich der Höhepunkt einer Phrase, der sich in der Lautstärke von der „Umgebung“ abgrenzen soll? Welche Stimme ist bei mehrstimmiger Melodieführung am wichtigsten? Soll die Wiederholung von Passagen leiser gespielt werden?

Allein durch eine gute Dynamik kannst du einem Stück sehr viel Leben einhauchen und es deutlich ausdrucksstärker spielen.

Schritt 5: Mit dem Tempo spielen

Auch das Tempo (Fachwort: Agogik) trägt zu einem ausdrucksstarken Spiel bei. Die Tempoangabe am Anfang eines Stücks (und bei Tempowechseln auch innerhalb des Stücks) gibt dir häufig eine Richtlinie. Im Laufe des Stücks kannst du nun mit dem Tempo spielen, langsamer oder schneller werden und so bestimmten Stellen einen speziellen Ausdruck verleihen. Beispielsweise kannst du bei einem besonders schönen Ton etwas langsamer werden. Wenn die Musik erregter und lebendiger wird, kannst du das Tempo etwas steigern. Natürlich kommt es auch immer auf das Stück an. Stücke aus dem Barock oder aus der Klassik vertragen im Allgemeinen weniger Spielereien mit dem Tempo als romantische oder moderne Klavierlieder.

Versuch dir auch bei der agogischen Gestaltung immer die Aussage und die Stimmung des Stücks vorzustellen und so deinen Vortrag lebendig werden zu lassen.

Hat dir dieser Beitrag geholfen? Wie hauchst du deinen Stücken Leben ein? Hinterlasse mir einen Kommentar mit deinen Erfahrungen 🙂


Tags

Klavier


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  1. Danke für die Tipps, wie man mit mehr Gefühl und Ausdruck Klavier spielen kann. Ich spiele Klavier und mache nächste Woche die Klavierbegleitung für ein Cello-Konzert. Dafür muss ich aber noch ein bisschen üben.

    1. Cello braucht wirklich eine sehr gefühlvolle Begleitung! Viel Erfolg beim Konzert!

  2. Meine Großmutter ist 67 schon. Sie möchte aber lernen, Klavier zu spielen. Da frage ich mich, ob es in so einem Alter überhaupt möglich ist …

    1. Auf jeden Fall 🙂 ich kenne einige, die als Erwachsene begonnen haben und inzwischen echt gut spielen.

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