Hände einzeln üben – schnellerer Fortschritt bei neuen Stücken


 In der neuen Ausgabe des Pianist Magazines habe ich einen interessanten Artikel von Graham Fitch über das einzelne Üben der beiden Hände gelesen. Chuan C. Chang, der Autor des Buchs „Fundamental Piano Practice“ ist ein großer Befürworter des separaten Übens. Warum, das erfährst du in diesem Beitrag.

Hände einzeln üben

Warum einzeln üben?

Viele versuchen beim Klavier-Üben so schnell wie möglich mit beiden Händen zu üben. Besonders gute Blattspieler beginnen jedes Stück gleich mit beiden Händen. Lediglich sehr schwere Stelle werden auf beide Hände aufgeteilt. Allerdings ist es nicht unbedingt ein Rückschritt oder eine langsamere Methode, bei einem neuen Stück beide Hände einzeln zu üben (das separate Üben wird oft auch mit HS abgekürzt). Beim beidhändigen Üben ist die Verlockung besonders groß, einfach durch Stück zu preschen und von vorne bis hinten durchzuspielen. Dadurch können sich leicht Ungenauigkeiten einschleifen und häufig führt das zu einer sehr schlampigen Beherrschung des Stücks. Graham Fitch betont, dass die drei wichtigsten Parameter beim Üben die sogenannten drei S seien (seperately, slowly, sections). Ein Stück sollte also in Abschnitten eingeübt werden und die Stellen sollten langsam und separat geübt werden.
Die beiden Hände werden von unterschiedlichen Gehirnhälften angesteuert. Wenn ihr ein Stück einzeln übt, kann die jeweilige Gehirnhälfte die Bewegungen der Hand in Gänze verarbeiten. Erst wenn eine Stelle sowohl links als auch rechts sitzt, könnt ihr euch daran machen, beide Hände zusammen zu üben.

Fokus auf die linke Hand legen

Häufig wird die linke Hand beim Üben vernachlässigt. Sie ist zum einen bei Rechtshändern die schwächere Hand und ist die Hand, der man beim Spielen nicht aktiv zuhört, da die Melodie meistens die rechte Hand spielt. Zur Verdeutlichung dieser Tatsache gibt einen guten Test: Nehmt euch ein Stück, von dem ihr behauptet es auswendig zu können. Nun spielt ihr nur die rechte Hand. Kein Problem? Dann probiert das Ganze mal mit links. Häufig scheitert man an dieser Aufgabe. Auch ich habe festgestellt, dass ich bei vielen Stücke, die ich sehr gut auswendig beherrsche, die linke Hand nicht separat spielen kann. Wenn man allerdings bereits beim Einüben immer wieder besonders auf die linke Hand achtet, stärkt das auch die Fähigkeit, sich die Stücke auswendig zu merken. Außerdem klingt das Endergebnis deutlich besser, da dann beide Hände ausdrucksvoller gespielt werden.

Elementar für gutes Fugen-Spiel

Die Fuge ist die Königsdisziplin der Polyphonie. Die besondere Schwierigkeit besteht bei der Fuge, dass das Thema immer wieder in unterschiedlichen Stimmen erscheint. Ist die Fuge mehr als zweistimmig, müssen die Hände teilweise mehrere Stimmen spielen. Bei der Fuge ist das einzelne Üben besonders wichtig. Nur so gelingt es, die Stimmen sauber zu spielen und das Thema deutlich hervorzuheben. Oft ist es auch sinnvoll, bei vielstimmigen Fugen sogar die Stimmen einzeln zu üben und erst danach die komplette Hand und beide Hände zu spielen.
Als Meister der Polyphonie am Klavier gilt der verstorbene Pianist Glenn Gould. Kaum ein anderer Pianist schafft es, die einzelnen Stimmen so klar klingen zu lassen. Legendär sind seine Einspielungen der Goldberg-Variatonen und des Wohltemperierten Klaviers von Johann Sebastian Bach. Wenn ihr diese Fähigkeit zumindest im Ansatz erreichen wollt, führt kein Weg an ständigem Üben der Einzelstimmen vorbei.

Mai 2014 – Pianobeat – Der bunte Klavier-Blog


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