Daniel Höhr spielt „Drei Intermezzi“: Tolle Einblicke in die Gefühlswelt von Brahms


Die drei Intermezzi Op. 117 von Johannes Brahms gehören zu den letzten Klavierwerken des romantischen Komponisten. Er erschafft dort eine melancholische Stimmung, die immer wieder von Hoffnungsschimmern durchzogen wird. Mehr über diese drei Klavierstücke und insbesondere die Einspielung von Daniel Höhr erfahrt ihr in diesem Beitrag.

Vor einigen Wochen kam Daniel Höhr auf mich zu und fragte mich, ob ich mir seine Einspielung von den Brahms Intermezzi anhören und meine Meinung dazu abgeben wolle. Herausgekommen ist neben einer kleinen Rezension auch ein interessantes Interview mit Daniel auf meinem Podcast.

Das sind die „Drei Intermezzi“ Op. 117 von Brahms

Gegen Ende seines Lebens wurde Johannes Brahms immer einsamer und düstere Gedanken trieben sich immer häufiger in seinem Kopf herum. Dieses Seelenleben verkörpert sich stark in den drei Charakterstücken Op. 117, die im Dezember 1892 erschienen sind. Johannes Brahms selbst nennt die Stücke „Wiegenlieder meiner Schmerzen“ und hat in ihnen einen tief melancholische Charakter eingehaucht. Trotz eines wirklich schmerzlichen Duktus wirken die drei Stücke auch sehr tröstend und wärmend, was sie so interessant und faszinierend werden lässt.

1. Intermezzo in Es-Dur

Im 1. Intermezzo treffen freudige und schmerzliche Harmonien aufeinander. Als Motto für dieses Stück dient ein Gedicht von Johann Gottfried Herder, in dieser er ein schottisches Wiegenlied übersetzt hat.
Ein wiegender Sechsachteltakt und ein ständiges Abwechseln zwischen typisch romantischen Choralmotiven und Molltönen prägen den Charakter dieses Stückes.

2. Intermezzo in B-Dur

Das zweite Intermezzo beginnt lebhaft mit schnellen gebrochenen Akkorden, die etwas an eine Arabesque erinnern. Anders als zum Beispiel die Arabesquen von Debussy klingt aber das Intermezzo nicht fröhlich fließend, sondern vermittelt eine tief melancholische Stimmung. Der Mittelteil behandelt das Grundthema neu und spinnt es in einem wienerischen Charakter etwas weiter aus. Am Schluss kommt das Stück etwas zur Ruhe und schließt mit traurigen und langsamen Akkorden ab.

3. Intermezzo in cis-moll

Das 3. Intermezzo beginnt mit einer von drei Stimmen unisono vorgetragenen, kreisenden Melodie, die dann begleitet wiederholt wird und etwas eindringlicher klingt.. Unterbrochen von kleinen Zwischenspielen wird die Melodie variiert und unterschiedlich begleitet wiederholt. Anschließend reiht sich ein Più Mosso-Teil an, der eine interessante Mischung aus spielerischem und doch tief traurigem Charakter enthält. Beendet wird dieses Intermezzo von dem erneuten Einsetzen des Themas, welches wieder eine Spur vehementer und nachdrücklicher daherkommt.

Daniel Höhr spielt "Drei Intermezzi": Tolle Einblicke in die Gefühlswelt von Brahms

Eindringliche Einspielung von Daniel Höhr

Die berühmte Pianisten und Komponisten (und Ehefrau von Robert Schumann) Clara Schumann bemerkte zu den drei Intermezzi von Brahms folgendes:

„Die Stücke sind, was Fingerfertigkeit betrifft, nicht schwer, aber die geistige Technik darin verlangt ein feines Verständnis, und man muß ganz vertraut mit Brahms sein, um sie so wiederzugeben, wie er es sich gedacht.“

Und das ist die Schwierigkeit an diesem Zyklus: Die Stimmung, die Brahms in diesen Stücken verkörpert, muss komplett verinnerlicht sein, damit sie nicht wie eine komische Rhapsodie, sondern wie stimmige Charakterstücke klingen. Genau das schafft Daniel Höhr in seiner Einspielung wirklich hervorragend. Es ist gut erkennbar, dass sich Daniel Höhr jahrelang und immer wieder mit Johannes Brahms und eben diesen Intermezzi beschäftigt hat. Durch fein nuanciertes Spiel und ein genau richtiges Maß an Rubato an den passenden Stellen lässt Daniel Höhr die dunkle Seelenwelt von Johannes Brahms lebendig werden.

Im Vergleich zu berühmten Einspielungen wie zum Beispiel von Glenn Gould oder Wilhelm Kempff wählt Daniel Höhr häufig ein etwas langsameres Tempo, was aber keineswegs störend, sondern etwas eindringlicher wirkt. Vor seinen berühmten Pianisten-Kollegen muss sich Daniel Höhr keineswegs verstecken.

Fazit: Ich kann euch die Einspielung von Daniel Höhr wirklich ans Herz legen, sie eignet sich wunderbar, um sich ein bisschen in die Gedanken des „späten“ Brahms hineinzuversetzen.

Über Daniel Höhr

Daniel Höhr wurde 1973 geboren und ist als Solist, Kammermusiker und Liedbegleiter viel in kleineren Konzertsälen unterwegs, insbesondere in seiner rheinländischen Heimat. Er ist als Pianist nicht den Standard-Weg eines Klavierstudiums gegangen, sondern hat Anglistik und katholische Theologie studiert und arbeitet nun als Sprachlehrer für Erwachsene und Übersetzer. Die Einspielung der Brahms-Intermezzi Op. 117 bilden die Vorhut für das Album Innocence & Experience, das Ende 2021 erscheinen soll und auch Werke von Robert Schumann enthalten wird.

Mehr über Daniel Höhr findest du auf seiner Homepage

Daniel Höhr spielt "Drei Intermezzi": Tolle Einblicke in die Gefühlswelt von Brahms
Daniel Höhr

In meinem Podcast könnt ihr ein Interview mit Daniel Höhr nachhören, in dem wir unter anderem über folgendes gesprochen haben:

  • Wie die „Klavierkarriere“ von Daniel Höhr aussah und wieso er kein Klavier studiert hat
  • Was Johannes Brahms und diese Intermezzi auszeichnet
  • Was Brahms von den romantischen Virtuosen wie Franz Liszt unterscheidet
  • Wie es zu dieser Einspielung kam und wie der Prozess einer Einspieung funktioniert
  • Welchen pianistischen Traum Daniel Höhr noch hat

Ich freue mich sehr über Feedback zu dieser Folge 🙂 Soll ich demnächst öfter Pianisten und Interpreten einladen?

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  1. Danke für die Informationen und die Links

    1. Gerne – freut mich sehr, wenn es gefällt 🙂

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