Intervalle bestimmen – so geht’s


Intervalle zu kennen und sie sicher bestimmen zu können, ist eine absolute Grundfähigkeit für Pianisten und Musiker allgemein. Wie du Intervalle bestimmen kannst, erfährst du in diesem Beitrag.

Was ist ein Intervall?

Ein Intervall ist der Abstand zwischen zwei beliebigen Tönen, die gleichzeitig oder hintereinander erklingen. Jedes hat einen anderen Klang, sie sind die Grundbausteine für Melodien und die absolute Basis für Akkorde aller Art.

Warum muss ich sie unbedingt beherrschen?

Wenn du dieses wichtige musiktheoretische Thema verstehst, kannst du sehr viel besser Akkorde erkennen und bilden, ja sogar improvisieren und nach Gehör spielen.

Mit dieser Grundkenntnis stehen dir sozusagen alle Türen offen.

Intervalle bestimmen – so geht’s

Intervalle werden in Halbtonschritten gemessen, daher ist es wichtig, dass du mit den 12 Halbtonschritten der chromatischen Tonleiter vertraut bist. Bevor du also Intervalle bestimmen kannst, musst du sie kennen.

Ein Halbtonschritt ist von C zu Cis, zwei Schritte von C zu D usw. Den Anfangston zählst du dabei nicht mit.

Die verschiedenen Intervalle sind durch die jeweilige Anzahl der dazwischenliegenden Halbtonschritten gekennzeichnet.

Durch simples Abzählen der Halbtonschritte zwischen zwei Tönen kannst du dieses relativ schnell bestimmen.

Welche Intervalle gibt es?

Bei Intervallen unterscheidet man zwischen zwei Familien, den reinen und den nicht reinen Intervallen.

Dabei gibt es vier reine Intervalle: Prime, Quarte, Quinte und Oktave.
Sekunden, Terzen, Sexten und Septimen können entweder klein oder groß sein. Groß bedeutet, es liegt ein Halbtonschritt mehr dazwischen als beim kleinen Intervall.

Warum heißen diese vier Intervalle „rein“?


Wird einer ihrer Töne alteriert, also mit einem Vorzeichen verändert, ist der Klang so anders, dass dieser nicht mehr als charakteristisch für dieses Intervall bezeichnet werden kann. Beispielsweise klingt die übermäßige Quarte (Tritonus) völlig anders als die reine Quarte.

kleine-grosse-sekunde
Kleine und große Sekunde

Die kleine Sekunde besteht somit aus einem, die große aus zwei Halbtonschritten.

Diatonische Intervalle

In jeder beliebigen Durtonleiter findest du die folgenden diatonischen oder leitereigenen Intervalle.

  • Prime (gleicher Ton)
  • Große Sekunde
  • Große Terz
  • Quarte
  • Quinte
  • Große Sexte
  • Große Septime
  • Oktave

Dioatonische intervalle

Wer Latein gelernt hat, dem sei hier geholfen: Die Intervallbezeichnungen leiten sich aus den lateinischen Zahlen ab, die die Stellen der Töne in der Tonleiter (erster bis achter) darstellen.

Indem du die Tonleiterstufen bis zum gewünschten Ton abzählst, kannst du Intervalle schnell bestimmen. Eine Quinte von c‘ zu g‘ wären also 5 Töne – aber Achtung: der Anfangston wird hier mitgerechnet!

Alterierte Intervalle

Diese diatonischen Intervalle kann man zu alterierten Intervallen verändern:

Kleine, große und reine Intervalle hast du schon kennengelernt.
Ein reines oder kleines Intervall um einen Halbton nach unten verkleinert ergibt ein vermindertes Intervall.
Ein reines oder großes Intervall um einen Halbton nach oben vergrößert ergibt ein übermäßiges Intervall.

Sexte übermäßig vermindert

Der sogenannte Tritonus ist eine besondere Form eines übermäßigen Intervalls, da seine Töne im Abstand von drei Ganztönen stehen. Er entspricht einer übermäßigen Quarte und somit der Hälfte einer Oktave, z.B. wie hier c‘ und fis‘.

Tritonus
Der Tritonus

Der Tritonus wurde früher wegen der Schwierigkeit, ihn zu singen, und der komplexen Harmonie übrigens auch „Teufelsintervall“ genannt.

Jedes Intervall bis zur Oktave hat außerdem ein Komplimentärintervall, mit dem es zusammen 12 Halbtonschritte, also eine Oktave ergibt. Eine reine Quarte (5 Halbtonschritte) ist beispielsweise das Entsprechende zu einer reinen Quinte (7 Halbtonschritte).

Quarte und Quinte
Quarte als Komplementärintervall zur Quinte

Ab der Oktave wiederholt sich das ganze Spiel: die erweiterten Intervalle None, Dezime, Undezime und Duodezime etc. setzen sich entsprechend aus einer Oktave plus einer Sekunde, Terz, Quarte und Quinte zusammen.

Hier siehst du noch einmal alle Intervalle bis zur Oktave auf einen Blick:

Halbtonschritte Intervall
0 Halbtonschritte
Prime
1 Halbtonschritt
Kleine Sekunde/Übermäßige Prime
2 Halbtonschritte
Große Sekunde/Verminderte Terz
3 Halbtonschritte
Kleine Terz/Übermäßige Sekunde
4 Halbtonschritte
Große Terz/Verminderte Quarte
5 Halbtonschritte
Reine Quarte/Übermäßige Terz
6 Halbtonschritte
Übermäßige Quarte/Verminderte Quinte
7 Halbtonschritte
Reine Quinte/Verminderte Sexte
8 Halbtonschritte
Kleine Sexte/Übermäßige Quinte
9 Halbtonschritte
Große Sexte/Verminderte Septime
10 Halbtonschritte
Kleine Septime/Übermäßige Sexte
11 Halbtonschritte
Große Septime/Verminderte Oktave
12 Halbtonschritte
Reine Oktave/Übermäßige Septime

Enharmonische Verwechslung

Bestimmt ist dir aufgefallen, dass die jeweiligen Intervalle unterschiedliche Namen haben.

Grund dafür ist die enharmonische Verwechslung: eine Taste auf der Klaviertastatur kann unterschiedlich heißen (z.B. fis = ges), auch wenn die Töne gleich klingen.

So kann eine kleine Terz aus C und Es gleichzeitig eine übermäßige Sekunde aus C und Dis sein.

Intervalle bestimmen - so geht's
Große Sekunde und kleine Terz klingen gleich

Ist es dann egal, wie ein Intervall bezeichnet wird?

Nein – denn das richtet sich nach der Tonart und der harmonischen Umgebung, wo sich das Intervall befindet.

Konsonante und dissonante Intervalle

Falls du die Intervalle schon am Klavier ausprobiert hast, wirst du bemerkt haben, dass manche (wie die Sekunde, Septime oder Übermäßige und Verminderte) eher ein bisschen schräg klingen.

In der Musik würde man dies als dissonant bezeichnen. In der Klassik eher ein Zeichen dafür, dass du dich verspielt hast – im Jazz hingegen vollkommen gebräuchlich.

Wohlklingende, harmonische Intervalle nennt man konsonant.

Intervalle mit Liedanfängen merken

Du musst die Tabelle nicht immer bei dir haben. Für die wichtigsten Intervalle kannst du dir einfach die Zahl der Halbtonschritte merken. Besonders nützlich ist es, wenn du Intervalle nur anhand des Klanges bestimmen kannst. Das klingt im ersten Moment sehr schwer, aber ich verrate dir einen guten Trick:

Wenn du das Intervall mit einem charakteristischen Laut oder dem Anfang von einem bekannten Lied verbindest, kannst du es dir zu 100% für immer merken – und schulst nebenbei gleich dein Gehör!

Hier ein paar Beispiele:

  • Eine kleine Terz erinnert an den „Kuckuck“ – Ruf,
  • Eine Quarte hörst du am Anfang des Lieds „O Tannenbaum“,
  • „Morgen kommt der Weihnachtsmann“ beginnt mit einer Quinte und
  • Den Tritonus könntest du vom Anfang der Titelmelodie „The Simpsons“ kennen.

Hier ist eine Tabelle mit Intervallen bis zur Sexte und dazu passenden Liedanfängen:

Intervall Liedanfang aufwärts abwärts
kleine Sekunde
Kommt ein Vogel geflogen
Für Elise
große Sekunde
Bruder Jakob
Schlaf, Kindlein, schlaf!
kleine Terz
Greensleaves
"Kuckuck"
große Terz
A, B, C - Die Katze lief im Schnee
Beethovens 5. Sinfonie
reine Quarte
Oh, Tannenbaum
Eine kleine Nachtmusik
reine Quinte
Morgen kommt der Weihnachtsmann
What shall we do with a drunken sailor
kleine Sexte
When Israel was in Egypt's land
Love Story
große Sexte
Ein Prosit
Nobody knows the trouble I've seen

Natürlich gibt es zu den einzelnen Intervallen noch zahlreiche weitere Beispiele und du kannst dir auch gerne deine eigene Merkhilfe zusammenbauen mit Songs, die du besonders gut kennst.

So übst du Intervalle

Damit du die viele Musiktheorie am Klavier anwenden kannst, solltest du dir die Intervalle gut verinnerlichen, bis du sie beherrschst. Deswegen stelle ich dir ein paar Methoden vor, wie du in Kürze ein Intervall-Profi wirst – und das ganz bequem von zuhause aus.

Such dir irgendwelche x-beliebigen Noten aus, die du zuhause hast. In jeder Melodie verstecken sich Intervalle, die du bestimmen kannst. Setz dich am besten ans Klavier und zähle damit von einem Ton der Melodie die Halbtonschritte zum nächsten. Jetzt kannst du das Intervall benennen – und das wiederholst du dann ganz einfach, im besten Fall so lange, bis du gut ohne Tabelle zurechtkommst.

Das Ganze geht natürlich auch andersherum: damit du den Klang der spezifischen Intervalle noch besser verinnerlichst, versuche selbst, dir Intervalle nennen, die du dann auf dem Klavier spielen musst.

Wenn du dein musikalisches Gehör trainieren willst, gibt es folgende Möglichkeiten:

Spiele den Grundton eines beliebigen Intervalls auf dem Klavier und versuche den zweiten Ton zu singen, den du danach am Klavier kontrollierst – so prägst du dir den Klang von Intervallen ein.

Im Idealfall kann dir auch eine zweite Person blind zwei Töne (nacheinander oder gleichzeitig) auf dem Klavier vorspielen, während du versuchst, das Intervall zu erkennen.

Das ist dann allerdings schon sehr anspruchsvoll, wenn du es nicht auf Anhieb schaffst, heißt es nicht verzweifeln, sondern dranbleiben!

Besonders bequem übst du das Hören von Intervallen mit Gehörtrainings-Apps wie Better Ears oder Ear Trainer.

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Wenn du Intervalle regelmäßig übst, werden sie dir bald in Fleisch und Blut übergehen und du wirst sie in Sekundenbruchteilen erkennen.


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  1. Guten Tag,
    vielen Dank für die aufschlussreiche Aufbereitung der Intervall-Thematik.
    Eine Sache verwirrt mich dennoch: In der Abbildung zu den Halbtonschritten und Intervallen steht bei „11 Halbtonschritte Große Septime/Verminderte Quinte“ Aber es ist keine verminderte Quinte, richtig? Denn die gab es ja schon vorher bei „6 Halbtonschritte Übermäßige Quarte/Verminderte Quinte“.

    Ich freue mich über IHre Rückmeldung, da mich das Thema wirklich verwirrt ^^

    Herzliche Grüße
    Dajana

    1. Hallo Dajana, du hast natürlich Recht! Es muss „verminderte Oktave“ heißen – ich habe es gerade korrigiert.

  2. Hallo,

    vielen Dank für Ihren sehr ausführlichen Artikel. Ich bin Gitarrist in unserer Zunft gibt es ja viele Vertreter, die völlig ohne Noten und Harmonielehre auskommen wollen. So einer war ich vor vielen Jahren auch noch. Habe dann aber bald bemerkt, wie sehr einen das einschränkt. Mittlerweile lerne ich sehr gerne. Ich bewege mich hauptsächlich im Bereich Blues und Bluesrock, möchte diesen aber mit komplexeren Akkorden und Skalen würzen. Ein großes Vorbild ist für mich Robben Ford. So habe ich mich schon vor langer Zeit mal mit Interallen beschäftigt. In einem Urlaub auf der Insel Föhr bin ich alle zwei Tage von Niblum nach Wiek gelaufen (ca 2h) und habe auf dem Weg Intervalle trainiert. Hat mir sehr geholfen für den Aufbau von Akkorden. Die meisten Intervalle höre ich inzwischen.

    AAAAAABER: Ich habe noch immer eine große Scheu vor Noten. Ich kann Noten, Pausenzeichen und all das lesen, aber vom Blatt spielen – keine Chance. Ich kann mir ein Musikstück mittels Noten beibringen. Das geht dann ganz langsam und Takt für Takt. Viel schneller geht es, wenn ich eine Aufnahme habe, dann brauche ich die Noten idR nicht mehr.
    Allerdings stehe ich – auch was die Intervalle betrifft – auf dem Schlauch, wenn ich mir irgendwelche Musikstücke als Noten aus dem Schrank hole. Ich habe Schwierigkeiten „zu sehen“ welches Intervall das ist. Im Prinzip möchte ich in der Lage sein, ein notiertes Musikstück ohne Instrument über das Lesen „zu hören“ oder vom Blatt zu singen. Es ist natürlich schön, wenn man ein Stück in C-Dur vor sich liegen hat, denn einfach alles, was man lernt, wird in C-Dur notiert.
    Wenn ich jetzt aber ein Stück in Db-Moll vor mir liegen habe, bin ich einfach nicht in der Lage, die Intervalle zu erkennen, wenn ich nicht die Halbtöne zwischen zwei Noten abzähle…

    Haben Sie da eine Hilfestellung für mich? Das Intervalle Hören ist eine Sache, jedoch Intervalle zu lesen und sie im Kopf zu hören ist wieder eine ganz andere.

    1. Hallo Niko,
      danke für deinen Kommentar.

      Ja, das mit dem „Intervalle sehen“ ist gar nicht so einfach. Meine Gitarrenerfahrungen erstrecken sich auf das Spielen von Akkorden, deswegen kann ich nur sagen, wie es beim Klavier ist.

      Am Anfang habe ich auch mühevoll die Tasten abgezählt. Ich wusste meine Fixpunkte in den Notenlinien und habe mich dann zu den Noten gehangelt. Irgendwann ging das dann schneller und mittlerweile denke ich gar nicht mehr nach, dass die Note auf der zweiten Linie im Violinschlüssel das G ist.

      Bei der Gitarre und Intervallen führt auch kein Weg am Üben vorbei. Immer wieder Intervalle spielen, in allen möglichen Tonarten. Anfangs mit Abzählen, wie du es machst, und irgendwann geht das dann automatisch. Ich kenne viele Gitarristen, die sich dennoch vor ihrem inneren Auge eine Klaviertastatur mit den entsprechenden Tönen vorstellen, weil sie dann sehen können, wo Halb- und Ganztonschritte sind. Anderen hilft das gar nicht.

      Auch das vom Blatt singen kann helfen, sich Intervalle vor dem inneren Ohr vorzustellen. Und dann irgendwann auch auf der Gitarre automatisch zu spielen.

      Ich hoffe, das hilft dir weiter 🙂

      Viele Grüße und viel Erfolg beim Üben!
      Beat

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